Brief vom 22. Februar 1764, von Sulzer, J. G. an Bodmer, J. J.

Ort: Berlin
Datum: 22. Februar 1764

Berlin den 22 Febr.

Mein theürester Freünd.

Ich könte meinen Brief mit dem Wort des Cäsars anfangen, jacta est alea, wenn es nicht lächerlich wäre kleine dinge mit großen zuvergleichen. Es hat sich ein Umstand eräugnet, der mich genöthiget hat meine Gesinnungen über die Zurükkehr in mein Vaterland an den Tag zu legen. Der König hat bey der Academie einige Pensionen ausgetheilt und eine von 200 Rthlr.. ist auf mich gefallen. Dieses nöthigte mich sie entweder anzunehmen, oder meine Entschließung dies Land zu verlaßen zu entdeken. Ich that dieses leztere in einem Schreiben an den König. Hier will ich Ihnen die Antwort hersezen. J'ai reçu la lettre que Vous m'avez écrit le 12 de ce mois, par laquelle vous me demandez mon agrément pour retourner en Suisse. Mais comme je serois bien aise de vous garder ici et que je compte de Vous employer, vous me ferez plaisir de changer d'avis à cet égard.

Zu gleicher Zeit schrieb mir der Marquis d’Argens, daß der König ihm von dieser Sache gesprochen und verheißen meine Pension bis auf 600 Rthlr.. zu vermehren, wenn ich bleiben wollte. Weil dieses alles erst vorgestern geschehen ist, so habe ich noch keinen Schluß faßen können, auf welche Art ich Sr. Maj. antworten soll. Ich bin fest entschloßen den einmal gemachten Plan auszuführen, aber wie ich auf die Äußerungen des Königs, die ganz gnädig sind antworten soll, ohne etwas unanständiges oder beleidigendes zu sagen, darüber bin ich etwas verlegen, und doch kann ich die Sache nicht wol anstehen laßen.

Ich schreibe Ihnen dieses in Eil. Mit nächstem werde ich ohne Zweifel Ihnen nähere Umstände melden können. Ihren lezten Brief nebst dem Tod der ersten erschaffenen habe ich vor 4 Tagen erhalten. Davon, vom Noah p. p. in meinem nächsten Brief ausführlicher. Ich umarme Sie von Herzen und empfehle mich der Frauen, die meine Kinder, die sie noch nicht kennt, liebet und sie lieben wird, nachdem sie dieselben kennen gelernt hat.

Adieu
S.

P. S. Der Prinz von Würtemberg hat mir ein ansehenliches Geschenk von Silbernen Gefäßen gemacht. Da dieses eine Folge von der Commission ist, die mir das vorige Jahr aufgetragen worden, so habe ich dieses lediglich denen Herren und Gönnern zu danken, die mich mit dieser Commission beehrt haben. Ich ersuche Sie demnach dieses den Beyden Hhn. Sekelmeistern, nebst meiner gehorsamsten Empfehlung zu hinterbringen und denselben meine schuldigste Danksagung darüber abzustatten.

Überlieferung

H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 5a. – A: ZB, Ms Bodmer 13a.

Anschrift

Herrn Profeßor Bodmer in Zürich.

Eigenhändige Korrekturen

antworten soll. Ich bin fest
antworten soll. ohne Ich bin fest

Stellenkommentar

jacta est alea
Übers.: »Der Würfel ist gefallen«. Lat., vermeintlich auf Gaius Julius Caesar zurückgehendes Sprichwort, das die Unumkehrbarkeit einer gegebenen Situation bezeichnet.
Schreiben an den König
Sulzer an Friedrich II., Berlin, 12. Februar 1764. Nicht überliefert.
die Antwort
Friedrich II. an Sulzer, [Potsdam], 20. Februar 1764. Nicht überliefert. Übers.: »Ich habe den Brief erhalten, den Sie mir am 12. dieses Monats geschrieben haben, in dem Sie mich um meine Genehmigung dazu bitten, dass Sie in die Schweiz zurückkehren. Aber weil es mir sehr daran gelegen wäre, Sie hier zu behalten, und da ich vorhabe, Sie zu beschäftigen, sollen Sie mir das Vergnügen geben, Ihre Meinung in dieser Hinsicht zu ändern.«
schrieb mir der Marquis d’Argens
Nicht ermittelt. Als Kammerherr Friedrichs II. vermittelte der Marquis d'Argens wohl die briefliche Korrespondenz zwischen Sulzer und dem König.
nicht wol anstehen laßen
Sulzer schrieb noch am selben Tag die Antwort mit seinem Abschiedsgesuch an Friedrich II.: »Sire. Les très gracieuses intentions que Votre Majesté daigne temoigner à mon egard m'ont tellement penetré de reconnoissance que je suis rempli de desespoir de voir tant d'obstacles s'opposer au bonheur que j'aurois de rentrer dans le service du plus grand Monarque. En cèdant, Sire, aux devoirs que ma patrie et ma famille exigent de moi, l'attachement le plus respectueux et le plus inviolable pour Votre Majesté m'accompagnera par tout et je regarderai toujours comme le bien le plus précieux de ma vie l'honneur d'avoir passé 16 ans dans son service et d'avoir vû les merveilles de Son règne. Si Votre Majesté daignoit recompenser mon service par un temoignage de Son approbation royale, ce seroit la distinction la plus flatteuse dont je pourrois jouir dans ma patrie où Votre Majesté est adorée de tous les coeurs. C'est avec le plus profond respect et la plus vive reconnoissance que je serai toute ma vie Sire de Votre Majesté Le très humble et très obeissant et très fidele serviteur J G Sulzer| Berlin ce 22 de Fevrier 1764.« (GStA, Rep 96, Nr. 434A, Bl. 9). Übers.: »Majestät. Die sehr gnadenvollen Absichten, die Seine Majestät mir gegenüber zu bezeugen die Güte haben, haben mich mit Dankbarkeit so durchdrungen, dass ich voller Verzweiflung bin, so viele Hindernisse dem Glück entgegenstehen zu sehen, welches ich beim Eintritt in den Dienst des größten Monarchen hätte. Während ich, Majestät, den Pflichten nachgebe, die meine Heimat und meine Familie von mir erfordern, wird mich die ehrfurchtsvollste und unantastbarste Verbundenheit mit Seiner Majestät überall begleiten und ich werde immer als das wertvollste Gut meines Lebens ansehen, die Ehre, 16 Jahre in Seinem Dienst verbracht und die Wunder Seiner Regierung gesehen zu haben. Wenn Seine Majestät die Güte hätte, meinen Dienst durch ein Zeugnis Seiner königlichen Anerkennung zu belohnen, wäre es die schmeichelhafteste Auszeichnung, deren ich in meiner Heimat genießen könnte, wo Seine Majestät von allen Herzen verehrt wird. Mit der tiefsten Achtung und der lebhaftesten Dankbarkeit bleibe ich mein Leben lang, Herr, Seiner Majestät bescheidenster und gehorsamster und treuester Diener J G Sulzer| Berlin, den 22. Februar 1764.« Durch die später im Zuge der Gründung der neuen Königlichen Ritterakademie erfolgte Berufung, die mit einer Erhöhung seines Gehalts und seiner Pension einherging, wurde Sulzers Abschiedsgesuch hinfällig (vgl. Brief letter-sb-1764-03-03.html).
Commission
Vgl. Brief letter-bs-1763-02-25.html.

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann
Kommentar: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann