Brief vom 25. Februar 1763, von Bodmer, J. J. an Sulzer, J. G.

Ort: Zürich
Datum: 25. Februar 1763

Ich muß ihnen liebster freund schon wider schreiben aus furcht daß sie den nächsten schönsten tag nach Berlin entfliehen, heut ist von den Zweyhunderten nichts gethan worden, als daß die Klagen der Grüninger abgelesen worden, es waren über 60. Bogen, und man brachte damit den ganzen Vormittag zu. Und ward erkannt, daß montags R. und B. wieder versammelt und abgesprochen werden solle. Es stehet dahin ob wir denn erhalten mögen daß Lavater und Füßli auf freyen fuß gestellt werden. Ihre sachen sind schon auf die fuhr gegeben.

Hr. sekelmeister Orell, der sich ihnen empfiehlt läst sie fragen, wie die addresse des Hrn. General Prinz Eugenius von Würtberg sey, und wohin man den brief schiken müste. Belieben sie mir hierüber baldmöglichst zu antworten.

Hr. Ott hat den Brief an Hr. Lambert späth empfangen, und vor künftigem Donnerstag kann keine Antwort darauf in Winterthur seyn. Ich hoffe Sie sind Donnerstag noch in der schweizerischen Welt; und vielleicht würkt diese schöne Jahreszeit so viel über ihren Geist, daß Sie aufsitzen und noch einmal kommen zu sehen

Ihren Ergebenst. Dr. B.
Freitags

Beilage: Beigelegtes Billet Bodmers

[→]Voltaire dit à un jeune homme de Zuric, qui est presentement à Geneve:
Jai trouvé le Roi Athée, j'ai voulu
Le faire deiste et je n'ai pas reussi.

Überlieferung

H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 12b. – A: ZB, Ms Bodmer 20.9–11, 13a.

Einschluss und mit gleicher Sendung

Billet mit Versen Bodmers auf Voltaire.

Stellenkommentar

den Zweyhunderten
Der Große Rat der Stadt Zürich.
die Klagen der Grüninger
Die Akte ist unter der Überschrift Raths &: und Bürgererkanntnus die Grebelischen Gravamina betreffend überliefert. (Lavater Jugendschriften 2008, 1, S. 178).
R. und B.
Abkürzung für »Rat und Bürger«.
Hr. sekelmeister Orell
Der Kaufmann Hans Heinrich Orell (1715–1785), seit 1760 Seckelmeister in Zürich. Das von Bodmer offenbar zunächst mündlich an Sulzer herangetragene Vorhaben Orells bestand darin, dem jungen General Friedrich Eugen von Württemberg, der aufseiten Preußens gekämpft hatte, aus Verehrung und Dankbarkeit einen Pokal für seine militärischen Dienste zu stiften. Näheres zur Stiftung und zur Ausführung des Pokals nicht ermittelt.
den Brief an Hr. Lambert
Sulzer an Lambert, Winterthur, 20. Februar 1763 (UBB, L Ia 745, Bl. 94–95). Vorausgegangen war ein Schreiben Lamberts vom 5. Februar 1763 (UBB, L Ia 745, Bl. 93). Lambert antwortete Sulzer am 1. März 1763 (ebd., Bl. 96).
Voltaire dit
Übers.: »Voltaire sagte einem jungen Zürcher, der gegenwärtig in Genf ist: Ich habe den König als Atheist angetroffen, ich wollte ihn zum Deisten machen und dies ist mir nicht gelungen.«

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann
Kommentar: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann