Sie werden, mein theürester Freünd, die Nachricht von unsern bösen Tagen von unserm Hrn. Rector bekommen haben, und nun wird Ihnen das schnelle Gerüchte auch schon die guten Zeitungen verkündiget haben, die uns die bösen vergeßen machen. Friedrichs lezter Sieg ist einer der herrlichsten und um so viel wichtiger je nöthiger und je schweerer er zu erhalten gewesen. Die Feinde waren an festen Örtern, und fochten mit einem Muth und einer Hartnäkigkeit, die bey nahe groß genug gewesen alle ihre dies Jahr über uns erhaltene Vortheile zu krönen und dem ganzen Krieg ein Ende zu machen. Aber unser Muth war noch größer und überwand alle Schwierigkeit. Der Streit soll der hartnäkigste gewesen seyn, und daß die Feinde ihr äußerstes gethan sieht man an der großen Anzahl ihrer gefangenen und verwundeten Generale. Wir haben noch keine ausführliche Nachricht von den Umständen dieses großen Tages. Die erste Nachrichten verkündigten uns 6 tausend gefangene Feinde darunter 200 Offizier und 3 Generale, 50 eroberte Canonen nebst einer großen Menge anderer SiegesZeichen, die nachgekommene Berichte aber geben 12 tausend gefangene, 5 Generale und über hundert Canonen. Der Streit dauerte von 2 Uhr des Nachmittags bis eine Stunde in die Nacht, diese und die Elbe, über welche die Feinde drey Brüken geschlagen hatten, haben den alten Daun von einer der allergrößten Niederlagen bewahret, wie wol sie schon groß genug ist. Der König hat einen Schuß von einer matten Kugel auf der Brust. Die Feinde sind bey Torgau über die Elbe gegangen und haben sich über GroßenHayn gegen Dreßden gezogen. Nun ist fast ganz Sachsen wieder in unsern Händen. Ob wir aber Hofnung haben Dreßden wieder zu nehmen ist noch unbekannt. Ich werde Ihnen nächstens mehrere Umstände melden. Die Rußen sind nun völlig über die Oder weg, nachdem der General Werner die lezten streiffende Feinde mit großem Verlust aus Schwedt gejagt und [→]der Herzog von Bevern von Stettin aus ein Regiment Husaren und Cosaken zum Theil gefangen zum Theil getödet und zerstreüt.
Der Tod des Königs von England scheinet der guten Sache eher aufzuhelfen als zu Schaden. Die Entschließungen der Engländer werden immer ernsthafter. Es ist also Hoffnung übrig, daß wir einen guten Frieden erfechten werden.
Ich habe vor 10 Tagen ihre Päkgen nebst dem Trauerspiel bekommen, und verspare auf meinen nächsten Brief ihnen davon zu schreiben. Ich bin Gott Lob mit meinen Kindern gesund und achte alles überstandene Übel mehr für Gewinn, als für Verlust.
Ich umarme Sie herzlich. S.
den 8 Nov.
H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 5a. – A: ZB, Ms Bodmer 13a. – E: Anonym Über Friedrich den Großen II 1807, S. 326–328 (Auszug).
A Monsieur Bodmer, Membre du Conseil souverain et Professeur tres celébre à Zuric.
Siegelreste.