Brief 11. März – 1. April 1750, von Bodmer, J. J. an Sulzer, J. G.

Ort: Zürich
Datum: 11. März – 1. April 1750

Mittwochs den 11. März 1750

Mein wehrtester Herr und Freund.

Vergangenen sonntag abends um fünf Uhren hat Noah auf Sion das grosse dankopfer vollbracht, Gottes sagende stimme gehört, und den wässernen bogen gesehen. Damals bin ich der Muse kraft des Gelübdes die Hecatomben von Opizen, Tassen und Popen schuldig worden.

Auf dem Rüken des Uto der gegen mir über erhöht steht
Sollen sylvanen und faunen das opfer brennen sehn; unten
Sollens im thal die najaden der beyden flüss' und des sees sehn.

Die zwey gedrukten Gesänge sind erst vorgestern hier angekommen, Dr. Hirzel hat sie bey zeiten gesehen aber mir das vergnügen nicht gemacht sie mir zu bringen, wiewol er mich für den verfasser erkläret, und die discretion nicht hat, da ich verborgen seyn will, mich verbergen zu helfen. Indessen werde ich dise sünde noch eine zeitlang nicht bekennen. Sein urtheil, das ich aber nur errathen muste, scheint sich auch an den Franzosen und Mahomedanern vor der sündflut stossen zu wollen, wenn es sich aus respect für den Verfasser daran stossen dürfte. Ich werde in eine gewisse Angst gesezet, wenn ich merke, daß man meine Fehler gerne tadelte, und es aus blöder Höflichkeit unterläst. Nämlich gerne tadelte, weil man seinem geschmak nicht befehlen kann schön zu finden, was er häßlich findet. Eben darum hätte ich gern unbekannt bleiben wollen, damit man sich ohne Scheue herausliesse; damit ich aber auch selbst meine Begründnissen ohne schein der Parteilichkeit vortragen könnte. Ich darf dises mit keinem Ernste thun, wenn man mich für den Verfasser kennet, weil es so leicht hartnäkigkeit und philoneikia scheinen möchte. Wenn ich ein Heldengedicht von Cochinchine schrieb, und ich brächte folgendes Sittengemälde an: On egorge les victimes, leur sang est reservé dans une grande coupe; le grand bonze consacre le sacrifice en beuvant une partie du sang, il se tourne vers le Roi qui se prosterne et recoit de sa main une autre coupe du même sang, il le boit avec un grand respect. Alors les seigneurs de la Cour boivent successivement, si jamais, disent ils, je venois à trahir mon Roi, je veux que le diable m'etrangle de même que j'avale cette coupe sacrée. Was würde man sagen: Ja possen, würde man denken, Cochinchinesen; das sind ja nur ein wenig verkleidete Europäer. – – Nichtsdestowenig würde die historie mir Zeugniß geben daß es wahre Cochinchinesen sind. Sehen sie des provisiteurs der cochinchinesischen Missionen, Favre, lettres edifiantes et curieuses. p. 106.

Das schlimmste ist, daß keine historischen monumente von Antediluvien übrig sind. Vielleicht würden die antediluvianischen Franzosen glaublicher, oder doch wahrscheinlicher, und allerwenigstens möglicher scheinen. Ich muß zuletzt wol zufrieden seyn, wenn man sie für mögliche Wesen hält. Wenn wir sie für so unmöglich halten, ist es vielleicht nur Revange, vermuthlich haben sie uns für eben so unmöglich gehalten, wenn sie uns einmal in den gedanken genommen haben oder kann ein antediluvian eine Idee von einem Franzosen, Spanier, Mahomedaner gehabt haben? Meine strengen kunstrichter sagen alle Nein.

Man erwartete doch von den antediluvianen einen unerhörten Charakter: derjenige, den ich gemacht habe, ist so unerhört, daß man ihn eben darum verwirft. Ich will ihn nicht ängstlich entschuldigen: aber ich werde ihn wol beybehalten. Ich begehe dise sünde oder andere von gleicher art noch hier und dar. Vornehmlich im V. Gesang:

In dem speisesaal mahlt ein seraph prophetische stüke.

Diese prophetischen stüke sind der Inhalt von Klopstoks Messiade, ferner, im VI. gesang; werden

– die seelen der jüngstertrunkenen im schlafe begraben.

und im VI. Ges.

– – – Jene Gefilde der seelen
Die auf die Zeit der Empfängniß sich selbst noch unbekannt warten,

anstössig genug seyn. Das ist das Übel in meiner poetischen Welt und ich werde mich dahin retranchieren müssen, daß ich es durch das mehrere Gute und Schöne, so daher entspringt, entschuldigen könne. Ich werde in der that noch manche Vorstellung und manchen vers bessern; und die Feile nicht sparen. Es hat gewiß noch viel prosaisches hier und dar. Ich war der canis festinans.

Kleists Frühling ist cum primā hirundine hier angekommen, er hat ihn Dr. Hirzel geschikt, auch ein Exemplar für mich, bitte ihm dafür ein Compliment zu machen.

Ich finde sehr viel neue Bilder und kühne Metaphern in disem stük. Schade, wenn der Poet bey disem Anfange aufhöret. Aber ich wünschte doch von disem genie ein stük aus der lebenden und empfindenden Natur, zum Exempel den Columbus. Aber hat Kleist nicht meine sünde gesündiget, da er den Frühling in den Winter setzet? Denn seine sündflut gehört doch zum Winter; es ist wenigstens eine ⟨wüste feucht⟩, und der Rüken des Winters. Sie haben in ihrer Allegorie den Winter, den alten mann, geschikter von Ferne gezeiget. Wenn der Doctor mich wegen der antediluvianischen Franzosen plaget, so plage ich ihn wider mit Kleists Winter im Frühling. Und wenn er mich recht böse macht, so lache ich über die kleine Grausamkeit der sündflut – – die vormals

[→]Die welt umrollte dass Gemsen in schlagenden wogen versanken.

Gemsen auf den höchsten Bergen zu ertränken braucht eben keine sündflut, ein Waldstrohm, ein Wolkenbruch kann es thun. Ich hätte wenigstens gesagt:

Die welt umrollte dass in den allgegenwertigen wogen
Durch einen einzigen schlag die gantze schoepfung zu grund gieng.

In dem gedrukten Noah ist noch ein Drukfehler, den ich in meinem vorigen vergessen hatte. Bl. III lin. antepen. sollte stehn:

Oft um den wall mit feurigen Waffen drohend erblikte.

Ich habe verschiedene sachen für ihre Critischen Nachrichten im Kopfe. Folget Hr. Chorh. Breiting. mir, so schreibt auch bald etwas für dieselben. Ich schike hiermit die lettres à phillis (Ich schik sie vielmehr à dritura Hn von Hagedorn; sie können sie von Weidmann und Weidmann von Heidegger haben, der sie gedrukt hat.), erstlich damit sie einen Artikel davon machen, ich glaube sie seyn ziemlich artig: Zweitens damit sie das Exemplar hernach meo nomine Hn von Hagedorn schiken. Der autor ist ein junger Mensch aus Graubünden, von der bekanntesten Familie.

Ich schike ferner die Übersezung der zween erstern gesänge der Messiade, ich glaube Maupertuis und D'Arnaut dürfen sie sehen. Sie können ihnen mit gutem Grunde sagen, daß das Original eben nicht nach allen seinen sinnlichen und actifen vorstellungen und determinationen der abstrakten sachen gegeben ist. Vielleicht sende ich Ihnen einmal etliche Exempel. Sie können dann ihre Franzosen fragen, ob Klopstoks ausdruk unter der französischen sprache oder unter dem Übersezer eingesunken sey. Aber sie würden gewiß Mühe haben, disen herren das leben und die activitet, die Klopstok seinem abstracten Wesen mithteilet, zu bemerken zu geben, und vielleicht würden sies für entbährliche, unnöthige Kleinigkeiten verachten. Es stehet Ihnen frey, mein Freund, einige proben der Übersezung in ihren critischen nachrichten einzutragen, ja ich wäre ihnen verbunden wenn sie dises thäten: jedoch müsten sie den Übersezer verschweigen.

den 22 März.

Vergangenen Freitag habe Hn Schuldh. schreiben und ihr beigeschlossenes erhalten. Es ist doch recht gut, daß ich noch eine Zeitlang verborgen bleiben kann, biß die leser sich ein wenig bekannter mit dem Noah gemachet haben. Es ist auch gewiß daß meine freunde, so aufrichtig sie sonst sind, freyer davon urtheilen, wenn sie nicht an mich denken. Ich aspiriere zwar nicht höher, als daß man den Noah vor eine geschikte Rhapsodie erkenne: aber es würde mich doch ein wenig mortificieren wenn man ihm dises schlechte lob verweigerte. Tscharner und Stapfer, beyde meine freunde und bewunderer wollen ihm kaum so viel Ehre gönnen; sie haben eine schrift von drey bogen in die Heideggerische druckerey gesandt, von welcher mir Hr. Hans Heidegger etwas erzählt, sie mir aber nicht gezeiget, wol mich gebeten hat, daß ich die Abdrüke revidieren wollte. Ich habe es ihm mit aller Fertigkeit versprochen. Bisher hat man mir noch nichts gesandt. Es kömmt ziemlich comisch heraus daß ich bey einer Critik, die, wie ich höre, dem Noah nicht schonet, gevaterstelle vertrete. Aber wird der Autor mir es auch verzeihen, wenn ich etwa, wie es wol erfolgen könnte, eine ironische Beantwortung auf seine Beschuldigungen drukete. Diese Herren meinen es recht gut mit mir, und ich werde mich wol hüten es mit ihnen zu verderben. Ich habe mich lange besonnen, ob meine schuldigkeit erfoderte, sie zu warnen, oder ihnen gar zu bekennen: aber es hat mich gedünkt, dises möchte den schein haben, als ob ich stolz auf das werk wäre, oder den Tadel nicht leiden könnte.

Ihre gütigen Urtheile haben mir wieder den Muth erhöhet; zumal da ich glaube, daß sie nicht bloß in ihrer Gütigkeit gegründet seyn. Ich kann ihre astronomischen nachrichten sehr wol brauchen. Es ist wahr, daß man dergleichen Consequenzen, wie Cham über die Wendung der Erdaxe machet, so natürlich sie sind, à priori nicht so leicht machen kann: Nichtsdestoweniger glaube ich daß ich ihm dergleichen scharfsinnigkeit zuschreiben dürfe: die Leser sind mit disen folgen so bekannt, daß sie nicht so leicht darauf acht geben, wie schwer dises für Cham seyn muste. Hätte ich geduld zum nachschlagen, so wollte ich mit Aristoteles und seinen besten Auslegern beweisen, daß es angienge. In den Fabeln werden oft den Insekten die Augen der Menschen, die Anblike der Menschen zugeschrieben. Überdieses giebt Cham sie nur vor Muthmassungen; und Sie wissen daß grosse Naturlehrer wichtige Wahrheiten durch blosse Muthmassungen errathen haben, die sich lange hernach durch Erfahrungen bekräftiget haben.

Es liesse sich noch wol ein tour erfinden, die Gottscheden in die sündfluth zu setzen si tanti res esset. Wenigstens könnte ich disen Einfall à parte brauchen, den Antagonisten des Noah mit dem nassen Tod, wie ihn Postel genannt hat, zu bedrohen, und wol gar einige Zeilen aufzusetzen, womit man sie ersaufen wollte.

Ich habe von allen Gesängen den Inhalt in Versen verfasset, und wenn sie es vor gut ansehen, so könnte man solche wol in ihren Crit. Nachr. publicieren: aber erst nach einigen Monathen. Die Critiken die Gleim gemacht hat, haben einen guten schein, und vielleicht sind einige gegründet.

An den Boden die Füsse die Augen auf Japhet gerichtet.

Gerichtet schiket sich nicht, und in meiner handschrift stehet gehäftet.
Bl. 6. Doch jedes schön wie der himmel bey disem wort aufzuhören, und die folgende Zeile wegzulassen, dünkete mich doch schade:

Wenn die erwachende sonne sein Antliz mit rosen bestreuet.

Diese Zeile erheitert den Gedanken allzu lebhaft. Der himmel ist nicht allezeit schön, und der himmel ist des Morgens am schönsten. Wenn ich dises nicht sage, so wird es sich nicht so lebhaft vorstellen.

Gleim will ferner das Gleichniß, so darauf folget, wegwerfen, weil er ungeduldig ist, und gerne vernähme, was zwischen Japhet und den Mädchen vorgehet. Aber eben das gleichniß saget dises, und ich hatte geglaubt, Gleim vernähme da etwas, was er sehr ungern ignorierte.

Bl. 8 nenne ich die Mädchen gebohrne der sonne nicht daß sie durch eine leibliche geburt von der Sonne, und ihrem Manne gebohren seyn: sondern weil Japhet sie für Einwohner der sonne hält, wie wir die Menschen söhne der Erde nennen.

Der grosse Glanz der disen Mädchen zugeschrieben wird, verblendet den Japhet nur beym ersten Anblik, wie es nicht unnatürlich ist; nach einiger Zeit stärket sein Auge sich, und dise schönheiten entwikeln sich.

An statt dich verlezen zu wollen
Bin ich bereit mein leben mit deinem blut zu vermischen.

Dise Zeilen machen ihm gedanken, die Kerenhapuchs unschuld nachtheilig seyn möchten. Dise bösen Gedanken können nur in schuldigen seelen aufsteigen. Die unschuld Kerenhapuchs denket nicht so weit. Sie erinnern sich der Critik über der Frau past. Langin Vers,

O könnt ich doch mit stark und männlichen Kräften
Mein Blut für dich o Vater Friedrich versprützen!

Sie erinnern sich auch des unzeitigen Ärgernisses der femmes savantes; und dessen was Moliere den Tadlern seiner Ecole des femmes in der Critique derselben vorgehalten hat.

Hier habe ich einen Brief an die Herausgeber der critisch. nachrichten wegen der arbeiten die für ganze gesellschaften sind, beygeschlossen; er ist in der Eile hingeschmiert, sehen sie ob sie etwas daraus machen können. Wenn sie nichts daraus machen können so senden sie mir diesen brouillon mit gelegenheit zurük, daß ich ihn in hiesigen freym. Nachrichten brauchen könne.

Den 24sten des Märzenmonaths.

Ich habe den ersten Bogen der Tscharnerischen Beurtheilung des Noah gelesen, es ist vielmehr eine grausame Verurtheilung; oder gar eine parodie, ein Noë travesti. Tscharner ist ganz wider die leipziger aufgebracht, daß sie nach Klopstok sich an hexametrische Verse wagen wollen, er fürchtet eine Überschwemmung von elenden Nachahmungen der Messiade, wozu ist die fruchtbarkeit des deutschen Wizes nicht fähig? Er will disem Übel in seiner geburt verkommen. In diser gemüthsfassung sieht er im Noa alles unrecht an, die unschuldigsten stellen sind ihm anstössig, und er hat keine Empfindung für die artigsten. Aber ich darf ihnen keinen Auszug davon machen: Heidegger eilt mit dem druk so stark, daß das werk gewiß auf die Messe kommen wird. Ich glaube die deutschen, die leicht merken werden, daß Tscharner den Noah desto lieber tadelt, weil er ihn für das geschöpfe eines leipzigers hält, werden ihn Tscharner zum Trutze desto stärker loben. Aber was für eine Comödie wird es für die deutschen abgeben, wenn sie künftig vernehmen werden, daß das werk einen schweizer zum vater hat, und daß ein schweizer den so übel tractiert hat, den er sonst gewohnt ist zu verehren! Und welches gespötte wenn Tscharner sich bekehret, wenn er einmal lobet was er izt verurtheilt! Es hat vordem wenig gefehlt, man hätte zu Frauenfeld den Messias tractiert, wie man izo den Noah tractiert; diese Herren schrieben schon böses genug von ihm, eh sie uns darüber höreten.

Vielleicht hat Tscharner die sünde vermeiden wollen, die wir am Klopstok durch das übermässige loben begangen haben; das lob des Noah soll nicht abgenöthiget werden, es soll ihm freywillig geschenkt werden. Er will der Welt noch etwas zu loben überlassen. Er will verhüten daß der Autor nicht verderbt werde; er will ihm vor Schamröthe seyn. Aber wird er nicht selbst von schamröthe wie von einer Flut überschwemmt werden, wenn er die person erkennt, an der er sich vergriffen hat. Seine Critik ist so beschaffen daß ich nicht zu viel sagen, er habe sich vergriffen.

Ich bin ihm nichtsdestoweniger gut, und bleibe ihm gut, wenn er gleich auf seinen bösen gedanken bleibt. Er kann vielleicht nicht anderst denken, und er thäte es doch gern.

Aber vielleicht ist dises die Frucht von dem schönen Einfall mich zu verbergen; hätte er den Autor gekannt, so wäre er in der disposition gewesen Schönheiten zu sehen, wie er izt in der disposition war, lächerliches zeug zu entdeken: Er hätte dann schönheiten gesehen, wie er izt lächerliches zeug entdekt. Demnach habe ich schuld. Ich weiß nicht ob ich der sache nicht den Tour geben soll, und seine Beurtheilung für eine starke Ironie aufnehmen, und ihm dafür danken. Sie siehet gewiß einer Ironie ziemlich gleich; so überspannt ist sein Tadel; ich bin versichert, daß viel wakere leute sein ironisches Lob, das er vielen stellen à pleine main ertheilet für Ernst ansehen werden.

Sie werden, mein Freund, in der LIII freym. Nachricht einen Zusatz zum Pigmalion lesen, welchen sie vielleicht einmal brauchen können. Dr. Hirzel hat den Einfall gehabt bey Heidegger den Frühling des Hr. von Kleist nachdruken zu lassen. Er hat eine artige vorrede dazu geschrieben. Eben derselbe hat ein Gedicht unter der presse, die Empfindungen im Frühling. Er läst sich den Noah je länger je besser schmeken. Nur sagt er, er sey in den postdiluvianischen Sitten nicht neu genung. – – Wäre es nicht ein guter Einfall daß Sie in den Critischen Nachrichten die muntern köpfe Deutschlands einlüden, uns ihren eigenen Plan eines Noah wenigstens von einem oder zween gesängen mitzutheilen, oder uns zu lehren, wie der Verfasser des Noah sein Gedicht am geschiktesten schliessen könnte. Sie könnten dann künftig wenn niemand sich an einen solchen plan wagete, den Inhalt der letztern bücher publicieren den ich selbst Ihnen geschikt habe (als wäre er ihnen eingesandt worden von fremder hand); damit wir so die urtheile der leute erforscheten.

den 26 März.

Die Frauenfeldische Beurtheilung des Noah wird immer grober und muthwilliger; ich sehe zuvor daß sie bey allen wakern männern ihre Verfasser (denn sie ist gewiß bey drey Pfeifen Tabak gemacht worden) mit schimpf und schande überschütten würde. Ich will darum durch einen jungen Freund Hn. Stapfer in Ffld schreiben lassen, man lege hier den Noah prof. Bodmer zu, und wie dieser von ihm urtheile, schiene er sichs vor keine Unehre zu halten, daß er in disem Verdacht sey. Man höre auch daß die besten köpfe Deutschlands etwas aus dem Werk machten &c.

Vielleicht schreibe ich Hn Tscharner mit zwey worten, daß ich den Noah nicht so verächtlich halte, ohne daß ich dabey der Critik gedenke. Ist dises nicht christlich gehandelt, und bin ich nicht entschuldiget, wenn sie sich dadurch nicht warnen lassen? Hr. pastor Heß hat den Noah erst seit 3–4 tagen, er hat mir sein urtheil noch nicht gesagt: nach der Erzählung die ihm andere leute davon gemacht haben, hat er ihn ganz artig den Noah des Neuen Testaments genannt. Von Winterthur schreibt man noch nichts von disem Gedichte.

den 27 März.

Herr Kitt hält sich so lange hier auf, daß ich Ihnen noch die ersten gedrukten bogen der Frauenfeldischen Beurtheilung mitschiken kann. Ich bitte aber dieselbe niemanden, und nur Ihren vertrauten freunden zu zeigen, und vornehmlich den Nahmen des Verfassers derselben geheim zu halten: denn ich zweifle nicht, wenn die Autores von Frauenfeld hören, daß ich den Noah gedichtet habe, oder doch viel aus ihm mache, sie werden sich ihrer Critik zuerst schämen, und vielleicht die Bogen, die schon gedrukt ist, vom Verleger zurüknehmen und unnütze machen. Ich habe ihnen heut selbst geschrieben, und von dem Noah mit allem Respect geredet; wiewol ich ihnen nicht bekenne, daß ich der verfasser sey; auch mich nicht verlauten lasse, das ich ihre herrliche beurtheilung schon gesehen habe.

Das will ich Ihnen eben nicht verwehren, daß sie etwa künftig einen geschikten gebrauch von einer oder der andern possierlichen Critick diser Verfasser machen, ohne jemanden zu nennen: sie mögen denn glauben entweder seyn mehr ungeschikte tadler, oder ihr verleger habe nicht alle Exemplare unnütze gemacht. Thäten sie aber auf meine Warnung dises Opfer des Holocaust nicht, so werde ich ihnen nach einiger Zeit geradezu bekennen, daß ich der Noahdichter sey; daß ihre Critik unsere Freundschaft nicht alteriren solle. Ich werde kein wort dagegen publiciren; und sollten sie mir gestatten, daß ich in privato mit meinen freunden darüber schertzete, ein scherz sey wol des andern werth. Wollte aber jemand von meinen jüngern Freunden aus eigner bewegung meine vertheidigung auf sich nehmen, und lachete dann so herzlich, als die tadler gelachet hätten, so sollten sie unsre Freundschaft dises nicht entgelten lassen.

Vernehme ich von ihrem Verleger, daß sie wegen der schon gedrukten Exemplare embarassiert sind, und sie nicht gern zurüknehmen oder vertilgen, so will ich ihnen mit aller Naifeté sagen, mir zu gefallen müssen sie dises nicht thun, ich möge die publication wol leiden, und sehe nicht was mir wahrhaftig Böses daher begegnen könne, man werde zwar lachen, und viele werden meinen sie lachen über mich: ich hoffete doch es werden noch wakere leute seyn, die andere Gedanken hegen werden. Sie sollten also allein betrachten, was für folgen das werkgen für sie haben möchte.

Hr. professor hat alle freiheit von dem Buchhändler Teubner in Leipzig, der Hn Orell correspondant ist 3 oder 4 stüke von meinen neuen Critischen Briefen fodern zu lassen, ihm dagegen ein recepisse zu geben, und ihm zu sagen, daß er sie nur Hn Orell abschreibe, ich werde diesem Herrn solche schon verguten. Also können sie auch 2–3 von meinen und Hn Canon. Breitingers Critischen Werken von den Jahren 1740. 1741 von Teubner nehmen. Ich will mit Hn Orell reden, daß er Hn Teubner Ordre schikt ihnen solche abfolgen zu lassen, dann können sie unsern Freunden, in ihrem oder meinem Nahmen damit aufwarten.

Vielleicht rathe ich meinen Criticis daß sie die schrift unter Mylius Nahmen publicieren, der sich gewiß eine Ehre draus machen würde; sie können sich dann deken daß sie ihn nachgeahmet haben. Oder ich rathe ihnen, daß sie Mylius das manuscript zusenden, daß er sich dessen zu seinem Trost nach bestem Wissen bediene: denn ich will ihnen gern so stark ich kann zu verstehen geben, daß vor dem werkgen selbst mir nicht grauset.

Wenn diese neugebackenen Critici erst wüsten, daß nicht wenige von den getadelten ausdrüken Homers, Popes p. Ausdrüke sind! Aber dann hätten das Crucifige über den plagiarius geschrien. Dises wird aber ein andrer thun. Ich darf mir nicht schmeicheln, daß man mir solche Nachahmungen werde gelten lassen, die gewiß nicht offenbarer sind, als Virgils. Ein Autor muß sich aber vornehmen von seinen Zeitverwandten etwas zu leiden, damit er den Nachkommnen desto besser gefalle. Ich habe wahrgenommen daß die Frauenfelder mit denen sitten, die noch am meisten antediluvianischen geschmak haben, am wenigsten zufrieden scheinen. Sagen sie doch den leuten, daß ich so weit entfernt gewesen sey, die sitten der postdiluvianen an den menschen vor der flut zu verbergen, daß ich sie vilmehr mit allem Fleiß kenntlich zu machen getrachtet habe. Ich hätte ja sonst die Erzählung von der saintbartelemy, von Selim, der Voltärs selim ist, p. ohne grosse mühe deguisieren können. Ich habe lieber die satyre der postdiluvianischen sitten in dem gemählde der antediluvianischen machen, als mit erdichteten Abentheuern in die Luft schlagen wollen.

Einige leute schreiben einem Verfasser auch gar zu kleine Einsichten zu; wenn er etwas verworfen hat das ihnen in den kopf kömmt, so heist er ein Ignorant; wenn er hingegen sachen erzählt, oder darauf alludiert, die ihnen fremd sind, so ist er nochmals ein Idiote.

den 28 Märtz.

Mit gestriger post empfieng einen brief von Klopstok. Er wird gewiß disen Sommer in die Schweiz kommen. Ich hoffe Hr Schuldheiß werde wol ⟨Abende⟩ mit ihm getroffen haben. Er ist mit dem Noah sehr wol zufriden, ungeachtet er den verfasser nicht kennet. Doch meint er daß man dem poeten in betrachtung einiger nachahmungen den vorwurf machen könnte, den man hierinn dem Virgil gemachet hat. –

Es ist nichts leichters als Virgils Fehler nachzuahmen, wiewol auch dieses nicht jedermann gegeben ist. Klopstok redet ohne zweifel von denen nachahmungen Virgils die nicht viel besser sind als übersezungen: dergleichen sind im Noah hier und da, vornehmlich der Selim im II. Ges. Man wird doch den verfasser nicht für so unmündig halten, daß er habe verheelen wollen, was ein Abecedarius in der Poesie entdeken kann. Es stühnde nicht schön wenn man am Rande anzeigete, hier ist Pope nachgeahmet, dort ist etwas aus Voltäre; Tasso hat etwas dagegen gesagt; Homer sagt dises mit denselbigen worten.

Nehme man doch den Noah so wie er izo ist, es sind doch auch sachen darinnen, die wed. Voltäre, noch pope, noch Homer gesagt haben; als ich eilete, aus furcht, daß es mir an Zeit fehlen möchte, und aus Begierde zu versuchen ob ich in den hauptstüken fortkommen könnte, erleichterte ich mir die Arbeit mit allem was das Gedächtniß mir in Nebenstüken an die Hand gab. Ich dacht, es wird doch allezeit eine geschikte Rapsodie seyn. Und Homer hat leiden müssen, daß man seine Gedichte Rhapsodien genannt hat. Lebe ich und wächst meine Geduld so läst sich noch viel in disen Rhapsodien vornehmen und verbessern.

Ich habe nicht Zeit ein Jahr an einem Gesange zu sitzen, urget enim senium invalescens. Man wird sagen, ich hätte lieber gar nicht dichten sollen. Man hätte keinen Noah von mir gefodert: Es war mir aber auch erlaubet in diser unschuldigen sache meine Freiheit zu brauchen.

Explicit diarium.

Hr Kitt will morgen verreisen. Mit meinem nächsten setze ich das diarium fort. Ich bleibe beständig

Euer ergebenster Diener und Freund Bodmer.

den 28 März 1750

Ich finde noch eine gelegenheit dises durch die Meßleute zu senden. Es ist die Fortsetzung des Diarii, und der lezte Bogen der Beurtheilung.

den ersten April 1750. à 7 uhr morgens.

Von Frauenfeld ist noch gar nichts eingekommen. Ich habe Hn Heidegger in einer langen conversation beybringen wollen, daß die Ehre der Hhn Stapfer und Tscharner darunter leiden könnte wenn die beurtheilung in die Welt geschikt würde. Er hat mirs aber aufgenommen als ob ich dieselbe fürchtete, und sein gespötte darüber ausgelassen. Er konnte nicht fassen daß ein mensch für die Ehre anderer so sorgfältig seyn könnte; die es von ihm nicht foderten und die verstandes genug hätten zu wissen was sie thäten. Er sagte zwar die Critik dünkte ihn nicht gar zu wol gegründet, doch wäre sie aufgewekt. Er hätte versprochen das werk auf die Messe zu senden, und er müste wort halten. Endlich erklärte er sich daß er die Beurtheilung wol versigelt nach Leipzig senden wollte, wenn denn andre Ordre käme so könnte man solche nachsenden. Ich sagte ihm zwar nicht daß ich der verfasser wäre, aber ich bekennte daß ich mit dem verfasser in genauer Relation stühnde; dises war ihm genug gesagt, er würde mich für den Autor gehalten haben, wenn ich es gleich nicht gewesen wäre; weil er mich um die beurtheilung so bemühet sah, und solches nach seiner art zu denken bloß meiner Autorangst zuschreiben muste. Zuletzt muste er mir versprechen nach Frauenfeld zu schreiben, daß ich ihn um der Freundschaft willen zu Stapfer und Tscharnern ersucht hätte, die beurtheilung bis auf neue briefe von Frauenfeld zurükzubehalten. Er erklärte sich auch daß er hier kein Exemplar divulgieren wollte, biß er Briefe von Frauenfeld empfangen. Wir erwarten solche disen Morgen.

Indessen fange ich an mich für den Autor zu bekennen, ein längeres verleugnen oder verbergen würde den schein haben, als ob es für eine schande hielte, und dem Werk nicht trauete. Die Leute werden zwar bey lesung der Critik lachen, und die meisten werden meinen sie lachen über meine sottises. Vielleicht aber bekomme ich ein ander mal die lacher auf meine seite.

Meine Gedanken sind izt daß ich nicht allein selbst keinen finger gegen die beurtheilung bewegen sondern auch alle meine Freunde bitten wolle, daß sie die beurtheilung unbeantwortet lassen, so lange ich Hoffnung habe, daß die tadler sich begreifen, und den Fehler verbessern werden so gut als er bey disen umständen verbessert werden kann. Ich zweifle zwar zuweilen daß sie sich begreifen werden; vielleicht halten auch sie mein freundschaftliches bemühen, ihre Beurtheilung zu unterdrüken, für blödigkeit; wenn sie dises sich merken lassen so fürchte ich selbst daß ich in feuer gerathe, wiewol ich jezo mir vornehme die geduld aufs äusserste zu treiben. Sie haben sonst schon vorleuftig ihren hiesigen Freunden sich für die Autores der Beurtheilung bekannt, und einen gloriosen Triumph angestellt.

à 9 Uhr.

Gleich jezo empfange ich Briefe von Frauenfeld, der ältere Tscharner entdekt mir daß er die Beurtheilung geschriben habe. Er triumphirt über die Züchtigung die er an dem verwegenen menschen ausgeübt, welcher nach Klopstok ein heldengedicht schreiben dürfen, und sich dadurch bloß gegeben hat, daß er den allgemeinen Ruhm dises poeten mit ihm zu theilen sich vorgenommen hätte. Sehen sie der Eifer für Klopstok hat dise Hhn verführt. Izt will ich Ihnen in fr. Antwort mit zweyen worten sagen; daß ich der mensch sey, den sie gepeitscht haben. Wiewol es leute gäbe, die sagten sie hätten gespenster ersonnen und gepeitschet. Ich will ihnen zugleich die unschuldige Liebe auch zu peitschen senden. D. ältere Tscharner schreibt dise worte:

Der unglükliche Noah ist zu späth in die Welt kommen od. zu früh wie andere glauben, die ihn als eine unzeitige Geburt ansehen. Sein unglük ist daß wir einen Klopstok haben; und den Messias gelesen haben. Diser schadet ihm viel; wäre der verfasser der erste gewesen, so hätte man ihn als etwas neues und ungewohntes bewundert. Aber Klopstok hat uns an Wunder gewöhnt, und wir wollen nichts schlechteres bewundern. Izt ist noah od. vilmehr sein Autor ein Nachahmer. Vergleicht man mit dem Messias den Noah so bleibt ihm kaum der Nahmen eines Nachahmers. Wie prosaisch, wie seicht ist dise Abschrift, kein rechtes und erhabenes Gleichniß, kein neuer Gedanke, den der Autor nicht aus den Fabeln der alten genommen, oder aus der naturlehre der Neuern; nicht das den genie oder den guten geschmak des dichters verrathen könnte. Ich erwarte mit verlangen ihre meinung von dem Noah, von der das schiksal dises patriarchen abhängt.

So weit Niclaus Tscharner. Im postscripto füget er hinzu: Sie allein können dem Noah einen werth geben den er noch nicht hat, und ihn des lobs seiner Freunde würdig machen. Der jünger Tscharner schreibt: Obschon ich an der lebhaften Beurtheilung des Noah keinen eigentlichen Antheil habe so scheint sie mir doch gegründet. Ich bereue aber mein frühzeitiges urtheil, und würde auch meinen schlechten geschmak bereuen, wenn ihnen dises heldengedicht würklich gefallen sollte. Sage ich vil, wenn ich sage, ⟨mir lasse⟩ in dem Noah vieles burlesque, und was gutes darinn bleibt, steke vielehend. in der materie, als in dem vortrage. Worum haben die Wizigen Vertheidiger des Noah über den Messias so lange stillgeschwiegen; p.

Bey der bewandniß wird die beurtheilung wol auf der Messe verkauft werden. Ich ersuche sie doch, daß sie deren keine meldung thun, sie auch niemanden zeigen, bis daß sie dieselbe im Meßcatalogo sehen, oder in den Buchläden antreffen. Wenn sie publique ist, so thun sie, was sie Gott ermahnet. Es ist eine Comödie, welche freunden und feinden freude machen wird; ich will mir selbst so vil vergnügen daraus machen, als ich kann, und als ohne Nachtheil der freundschaft mit den beurtheilern geschehen kann. Denn ich wollte dise gern unverändert erhalten. Am meisten verdrießt mich, daß sie dem Noah Fehler schuld gegeben haben, die er nicht begangen hat, die sie selber begehen, narrando enim depravant. Dises verräth Untreu. Sonst will ich Ihnen bekennen, daß ich nicht mit dem Messiasdichter fechten wolle, daß ich desselben Superiorität erkenne. Adieu. Ich verbleibe de tout mon coeur, als ein angefochtener scribent

Ihr ergebenster Diener
prof. Bod.

Wenn sie aber jemals gegen die beurtheilung reden od. schreiben würden, so ersuche ich sie, den Autor nimmer beym Nahmen zu nennen.

Überlieferung

H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 12a.

Datierung

Bodmer hat fast über drei Wochen an dem Brief geschrieben. Er beginnt am 11. Februar und endet am 1. April 1750. Zwischendatierungen finden sich am 22., 24., 26., 27. und 28. März.

Einschluss und mit gleicher Sendung

Brief Bodmers an die Herausgeber der Critischen Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit. – Druckbögen von Niklaus Emanuel von Tscharners Beurtheilung des Noah.

Vermerke und Zusätze

Vermerk Sulzers am oberen rechten Rand der ersten Seite: »1 Aprill 50«.

Eigenhändige Korrekturen

sündflut stossen zu wollen
sündflut stossen zu zu wollen
je venois à trahir
je venois à trahir à trahir
damit sie das Exemplar
damit ⌈sie⌉ das Exemplar
bloß in ihrer Gütigkeit
bloß ⌈inihre |ihrer| Gütigkeit
himmel ist des Morgens
himmel ist des des Morgens
sie bey allen wakern
sie ⌈bey⌉ allen wakern
Ich will darum
Ich habewill⌉ darum
und vornehmlich den Nahmen
und vert vornehmlich den Nahmen
auch mich nicht verlauten lasse
auch ⌈mich⌉ nicht verlauten lasse
verleger habe nicht alle
verleger habe ihnen nicht alle
von meinen jüngern Freunden
von meinen jungen jüngern Freunden
Freundschaft willen zu Stapfer
Freundschaft ⌈willen⌉ zu Stapfer
in feuer
ins feuer
Beurtheilung bekannt, und
Beurtheilung bekannt|,| gemacht, und

Stellenkommentar

Uto
Literarischer Name für den Zürcher Uetliberg, den Bodmer von seinem Haus am Oberen Schönberg aus sehen konnte.
philoneikia
Übers.: »Rechthaberei«.
Cochinchine
Alte Bezeichnung für den Süden Vietnams und einen östlichen Teil Kambodschas.
provisiteurs der cochinchinesischen Missionen
Pierre François Favre begleitete den Bischof von Halicarnassos 1738–42 bei dessen Besuch der Missionen in Annam, Cochinchina und Kambodscha. Favres Lettres édifiantes et curieuses sur la visite ... à la Cochinchine en l'année 1740, die 1746 veröffentlicht worden waren, wurden vom Lausanner Bischof Joseph Hubert de Boccard verboten und auf Anweisung der Fribourger Regierung verbrannt. Die Stelle, die Bodmer verkürzt wiedergibt, findet sich auf S. 105–106 und ist eine Satire auf die Jesuiten. Darin geht es um einen dämonischen (heidnischen) Ritus am Hof des Königs von Cochinchina und darum, dass die Jesuiten ihren Gläubigen die Teilnahme am Ritus erlauben, solange sie ein Kruzifix in ihrem Ärmel tragen und statt dieses Dämons innerlich Jesus Christus anbeten.
canis festinans
Lat. Sprichwort: »Canis festinans caecos parit catulos.« Übers.: »Der eilende Hund bringt blinde Welpen zur Welt.«
cum primā hirundine
Hor. epist. I, 7, 13. Siehe Kommentar zu Brief letter-bs-1748-02-07.html.
hat ihn Dr. Hirzel geschikt
Kleists Brief an Hirzel aus Potsdam vom 31. Januar 1750 (Sauer (Hrsg.) Briefe von Kleist 1880, S. 165).
Die welt umrollte
Zitat aus Kleists Überschwemmungsszene aus der ersten Fassung des Frühlings, 1749. Kleist wollte das Gemälde einer großen Überschwemmung später auch als eigenständigen Text drucken. Vgl. Willmitzer Frühling Ewald von Kleists 2017, S. 122.
lin. antepen.
linea antepenultima: vorvorletzte Zeile.
lettres à phillis
Eine Publikation mit dem Titel Lettres à Fillis erschien 1749 anonym in Fribourg. Als Verleger wurde Henri Ignace Nicomède Hautt, der erfolgreichste Fribourger Verleger der Zeit, identifiziert und ein Exemplar der Lettres ist in der SBB (Kriegsverlust) nachgewiesen. Eine Rezension der Lettres findet sich in den Critischen Nachrichten, Nr. 23, 5. Juni 1750, S. 219.
der sie gedrukt
Die Lettres à Fillis sind in Bodmers bei Heidegger erschienener Syndflut unter den Verlagswerken angekündigt.
bekanntesten Familie
Nach Bodmer ein Mitglied der bekannten und weitverzweigten in Graubünden ansässigen Familie von Salis, vielleicht der damals 22-jährige Ulysses von Salis-Marschlins. Zu ihm siehe Metz Ulysses von Salis-Marschlins 2000.
einige proben der Übersezung
Entsprechende Übersetzung in den Critischen Nachrichten nicht ermittelt.
aspiriere
Strebe.
eine schrift von drey bogen
Niklaus Emanuel von Tscharners 60 Seiten umfassende und sehr kritische Beurtheilung des Heldengedichts der Noah, die offenbar in Rücksprache mit dem älteren Berner Theologen Johannes Stapfer entstand und 1750 bei Heidegger und Comp. gedruckt wurde. Die Verbreitung der Schrift wurde eingestellt, als Tscharner Bodmer als Verfasser des Gedichts erkannte. Tscharner, der in Frauenfeld lebte, war davon ausgegangen, dass das Gedicht im Umfeld der Leipziger und Gottscheds entstanden war.
Cham über die Wendung der Erdaxe
Vgl. [J. J. Bodmer], Noah Dritter Gesang, 1750, Inhaltsangabe, S. XII.
wie ihn Postel genannt
Gemeint ist der Humanist und Universalgelehrte Guillaume Postel (1510–1581). Die Referenz zum wahrscheinlich aus dem Lateinischen übersetzten Ausdruck konnte nicht ermittelt werden.
Critiken die Gleim gemacht
Vermutlich der erste Teil der von Gleim und Ramler gemeinsam verfassten Rezension des Noah in den Critischen Nachrichten, Nr. 12, 20. März 1750, S. 107–109. Bodmer hatte eine Manuskriptfassung oder den Druckbogen mit Sulzers Brief vom 10. März 1750 erhalten. Vgl. Brief letter-sb-1749-12-31.html.
das Gleichniß
Ebd. S. 109.
Kerenhapuchs
Figur in Bodmers Noah und im Alten Testament die jüngste Tochter von Hiob.
Frau past. Langin Vers
Vgl. [A. D. Lange], Friedrichs Zurükkunft in sein Land. In: [S. G. Lange], Horatzische Oden, 1747, S. 161–166.
femmes savantes
Molières Komödien Femmes savantes, 1662 (dt. Die gelehrten Frauen) und La Critique de l'Ecole des Femmes, 1663.
einen Brief an die Herausgeber
Dieser wurde unter dem Titel Brief an die Verfasser wegen der gelehrten Gesellschaft in den Critischen Nachrichten, Anhang vom Monat August 1750, S. 340–343, publiziert.
à pleine main
Übers.: »mit vollen Händen«.
Zusatz zum Pigmalion
Freymüthige Nachrichten, 31. Dezember 1749, St. 53, S. 420 f.
den Einfall gehabt
Hirzels Ausgabe von [E. C. v. Kleist], Der Frühling. Ein Gedicht, 1750 bei Heidegger publiziert, umfasste 16 Seiten und war in 4° gedruckt. Beigefügt ist eine »Vorrede des Herausgebers dieser neuen Auflage. An seine Freunde«, die mit »Zürich, den 24sten Merzmonath 1750. H[irzel].« unterzeichnet ist.
Empfindungen im Frühling
Hirzels vier Blatt umfassendes Gedicht Empfindungen des Frühlings wurde ohne Jahres- und Verlagsangabe gedruckt.
Hn. Stapfer in Ffld
Johannes Stapfer hielt sich seit Ende 1749 in Frauenfeld auf. Von Stapfer ist ein Brief an Breitinger erhalten, aus dem ersichtlich wird, dass Tscharner seinerseits eine anonyme Kritik des ersten Gesangs des Messias (vermutlich von Stapfer selbst) an Bodmer vermitteln und wiederum diese anonyme Verfasserschaft durch einen Freundesbrief aus Deutschland vortäuschen wollte. Vgl. Stapfer an Breitinger, Frauenfeld, 23. April 1750 (ZB, Ms Bodmer 22.38).
Opfer des Holocaust
Hier im antiken Sinne als Brandopfer verwendet.
recepisse
Übers.: »Quittung, Empfangsbestätigung«.
Voltärs selim
Die Passage ist angelehnt an Voltaires Le Fanatisme ou Mahomet le prophète, 1743, wo Mahomet Séide zum Vatermord anstiftet. In ähnlicher Weise befiehlt in Bodmers Noah Putniel Selim, dass dieser seinen Vater töten soll. (Noah Dritter Gesang, 1750, Vers 85–184). Vgl. dazu Reiling Genese der idealen Gesellschaft 2010, S. 153.
einen brief von Klopstok
Klopstocks Brief vom 28. Februar 1750 (Klopstock Briefe 1979, Bd. 1, S. 69–71).
Briefe von Frauenfeld
Vincenz Bernhard von Tscharners Briefe vom 16. und 29. März 1750 (ZB, Ms Bodmer 5b.7) und Niklaus Emanuel von Tscharners Brief vom 27. März 1750 (ZB, Ms Bodmer 5b.8). Im Brief vom 16. März 1750, dem auch einzelne ins Französische übersetzte Stellen aus Klopstocks Messias beigefügt waren, schrieb V. B. v. Tscharner: »Haben Sie auch das neüe Leipziger Geschöpfe, den Seraph der Sündfluth, den Noah, das Heldengedicht gesehen. Wie könnte man sich wider den Überfall Nachahmungen der Meßiade sicher stellen? Der Herr Stapfer steht in dem Gedanken, man solte diesen ersten Mißbrauch der hexametrischen Poesie grundaus bestrafen«. (ZB, Ms Bodmer 5b.7, Nr. 11).
D. ältere Tscharner schreibt dise worte
Leicht abweichendes Zitat der Passage im Brief vom 27. März 1750 von Niklaus Emanuel von Tscharner.
Der jünger Tscharner schreibt
Brief vom 29. März 1750. Zwischen »wenn ihnen dieses Helden Gedicht würklich gefallen sollte.« und »Sag ich viel, wenn ich sage, wir lasen im Noah« steht im Originalbrief Vincenz Bernhard von Tscharners noch eine umfangreiche Passage, die Bodmer nicht zitiert.

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann
Kommentar: Jana Kittelmann