Die Hhn von Frauenfeld haben sich durch die Entdekung des Autors vom Noah ganz beschämt gefunden wie starke Reue bezeuget und sich den Rath gefallen lassen, die Beurth. zu unterdrüken. Ich nahm ihnen dises als ein Werk auf, welches der Buße gemäß wäre. Hr. Can. Br. hatte ihnen die Häßlichkeit der B. ganz frey und lebhaft vorgestellet. Stapfer hat die beyden Tscharner verführt, ich bin noch auf ihn böse. Izt wenden wir alle mühe an, die sache in ein ewiges stillschweigen zu begraben; vornemlich damit kein Gottschedianer davon Wind bekomme. Also werden Ew. ihr Exemplar sous la Clef bewahren.
Hr. D. H. scheint etwas davon an Kleist geschrieben zu haben. Machen sie ein mal-entendu drauß, und sagen, Stapfer habe eine ironische beurtheilung im gottschedischen geschmak schreiben wollen seine landsleute auf die probe zu setzen, ob eine elende Critik ein gutes werk bey ihnen verhast machen könne, er habe die Arbeit aber wieder abandonnirt.
Die Tscharner haben gar gute Anfänge, und können künftig in Bern durch ihr ansehen dem Geschmak gar sehr aufhelfen; wir müssen sie nur noch besser befestigen; und verhüten daß sie von Stapfer nicht verderbt werden. Der dritte Gesang der Messiade ist izo auch französisch. –
Indessen kennt man mich izt als den Verf. des Noah; sie dürfen izt mich nennen, und öfentlich zu gunste des Gedichtes reden, was ihre Freundschaft ohne verlezung ihres poetischen gewissens ihnen erlaubet. Breit. Heß, Waser, Künzli halten auf den Noah mehr, als ich begreifen kann. Die comödie mit der beurth. war für W. und K. ein niedliches Essen. Wie wenig hat es gefehlt daß K. nicht die satyrische Geissel gebraucht hat! Was für ewig dauernde schandmähler hätte er geschlagen! Er schrieb mir einst: Soll dieser ++ meinem Herrn fluchen? laß mich hingehen daß ich ihm den Kopf abreisse. Ich antwortete ihm aber:
Schlag ihn nicht, Freund, sein urtheil steht in den Tafeln des schiksals.
Sonst habe ich bey disem Anlaß gelernet, daß man auf die vorurtheile der Freundschafft, des Ansehens, nicht so leicht verzicht thun müsse. Hätte ich kein geheimniß gemacht, wie leicht hätte ich meine freunde und durch sie die welt vorbereiten können die postdiluvianischen Sitten, die kühnen parodien, die nachahmungen p. ohne Ausnahme gutzuheissen. Izt wird es bey einigen z: E. bey Kleist schwerer fallen. Breitinger und Heß sind mit disen freiheiten allerdings zufrieden und haben neue waffen sie zu vertheidigen.
Man nimmt izt die sachen die ich aus der wahren historie gezogen habe, für urkunden auf, die nöthig waren die groben laster der Antediluv. zu beglaubigen, weil man sie sonst kaum für menschliche, mögliche verbrechen gehalten hätte. Die Eierkuchen hält man für einen historischen Zug des Charakters der geschilderten Nation; und findet eben so lustige dinge in der Odyssee. Ich glaube es werde den deutschen Criticis gehen wie den frauenfeldischen daß sie sachen und Worte tadeln, welche Homers und Popens sind, womit sie verrathen daß dise ihnen nur dem Nahmen nach bekannt sind. Dises war eine von meinen Absichten die leute auf die Copelle zu setzen. Klopstok hat mich bald errathen. Er nimmt mirs für eine Ehre auf, die ich ihm erweisen wolle, daß ich einen Jünglinge mit seiner denkensart vorgestellet habe.
Ich erwarte Ihn und Schuldheissen im Maimonat. Sulzer wird uns mangeln. Mich verlangt sehnlich nach Gleims und Ramlers urtheilen. Versichern sie dise herren daß meine freundschaft sich durch ein freyes urtheil nicht im mindesten beleidiget halte. Ich selbst könnte die stärkste Critik vom Noah schreiben. Ich kann aber auch viel gute sachen zu seiner rechtfertigung sagen, vornehmlich wenn es auf Autoritäten ankömmt. Ich bin ganz
Ihr ergebenster Bodmer
Hn profess. Sulzer den 22 May 1750.
Ich mache im III. Gesang bl. 5. v. 136 einen Zusaz der mir viele Worte ersparen kann:
Also sagt Sem und dacht so, so dacht auch Jahrhunderte später
Wieder ein heiliger Jüngling, dem Gott ein heiliges Mädchen
Gleich schuf, aber sie lange dem weinenden bebenden Hertzen versagte.
Sem war in seinem Verlangen beglükter und sagte nun weiter: –
Man hat mir eine chicane machen wollen über den v. 648 im III. Gesang Bl. 16
Als es ihm einfiel Crystall in die form von linsen zu schleifen
Ich erkläre mich zwar hierüber im V Gesang; aber ich könnte hier doch folgen lassen:
Platt auf den seiten, oder auf einer hol oder erhaben.
II. Ges. Bl. 71. ist die dritte Zeile ganz dunkel, ich setze lieber
Wo er die neuen Menschen in kleidenden federn entdekte,
Die sie von allen farben so mahlend zusammen verwebten
Licht u. schatten mit solchem verständigen Auge vertheilten
Daß sie mit Bildern glänzten, die nach der Natur gemahlt schienen.
Ich bitte in einem eigenen Brief Hn v Hagedorn in meinem Nahmen zu schreiben, daß ich der Vater des Noah sey. Adieu.
Im I. Ges. Bl. 42 setze ich nach der Zeile: zärtere jugend, folgende:
Denn er hat eine schaar vertrauter gesellen verlohren
Mehr als nur Brüder, ihr unverwarneter Untergang nagte
An dem Herzen des Jünglings mit bissen heißhungriger Wölfe,
Und verzehrte sein leben, er sah wie der Schatten des Mirza.
Denn ich wollte nicht, daß man glaubte, er wäre nur vor liebe gestorben.
Bl. 33 gebe ich die siebende Zeile:
Unter sich ihren aufsteigenden Anschlag der liebe zu ordnen.
Ich sage nichts von zwanzig kleinern veränderungen, in der Sprache und im metro, denn ich werde täglich symphonischer. Was sagen sie dazu; soll ich bl. 6 nach der zeile, wenn die erwachende sonne, fortfahren:
Japhet wie war dir bey diser schönen Erscheinung zu muthe
Was für ein süsses Erstaunen zog dir die kräfte der seele
Aus dem innersten in die Augen, auf die sie gesammelt
Ganz hervortrat, und strekete ferner von da sich allmählig
Looszumachen und zu den schönen hinüber zu gehen.
Wenn es Sie etwa zur vertheidigung des Noah verträglich dünkt so dürfen sie sich wol für den Confidenten dises Gedichtes, der bey seiner geburt gewesen, und es wachsen gesehen, öffentlich entdeken, und so auch die verbesserungen die ich Ihnen communiciert habe, anführen. Wenn ich erst die folgende Gesänge mehr gefeilet habe, so will ich ihnen eine Abschrift davon senden, nicht daß sie dort publicirt werden, sondern daß sie die astronomischen und physicalischen stellen in ihrem Zusammenhang sehen, und mir ihre Correctur darüber geben. In drey, vier tagen kommt Waser auf den Synoden; Stapfer soll auch kommen, wenn er keine schaam hat. Die Rieurs waren doch auf meiner seite. Jemand hat mehr Gleichnisse verlanget, sie gehen aber in partibus narrativis, da nicht der Poet erzählet, nicht an. Im gantzen gedicht sind etwa sechse, und das ist villeicht zu wenig. Wo sie stehen, sind sie nothwendig.
H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 12a.
Der Brief ist falsch datiert. Er ist nicht wie von Bodmer angegeben am »22ten May«, sondern schon Ende April 1750, wo die hier erwähnte Synode stattfand, entstanden. Siehe auch Sulzers Antwortschreiben vom 12. Mai 1750.
A Monsieur Soulzer professeur tres-celèbre à Berlin