Brief vom 16. Februar 1763, von Sulzer, J. G. an Bodmer, J. J.

Datum: 16. Februar 1763

Winterth. den 16 Febr.

Ich habe Ihnen nicht eher schreiben wollen, mein theürer Freünd, bis ich durch Briefe von Berlin in Stand gesezt seyn würde, etwas gewißes von meiner Abreise zuschreiben. Aber so wol vorigen Sonabend, als heüte, habe ich vergeblich darauf gewartet. Folglich habe ich bis jezo noch keinen Schluß faßen können. Mit dem Frieden scheinet es, nach den Zeitungsberichten seine völlige Richtigkeit zu haben. Wenn ich auch jezo gleich zu reisen Lust hätte, so würde eine kleine mir zu gestoßene Unpäßlichkeit mich daran verhindern. Ich habe die zwey ersten Nächte hier fast schlafflos zugebracht und Fiebrische Hize gefühlt. Es hat zwahr damit auf eine eingenommene Arzney etwas gebeßert, doch befinde ich mich noch nicht so wol, daß ich nur auf das Land reisen möchte. Es wird also wahrscheinlich, daß ich wol noch 3 Wochen verziehen werde. Dieses bitte ich dem Hrn. Lavater oder Füßli zu sagen und Ihnen zugleich vorzuschlagen ihre Sachen durch Fuhrleüte nach Leipzig zu schiken. Ich werde aber mit nächstem einem von diesen Hrn. das nähere wegen der Reise selbst überschreiben.

Ich will meine Danksagung für die gütige Bewirthung weder gegen Sie, noch gegen die Fr. Profeßorin wiederholen, weil ich hoffe, daß Sie an meiner Dankbarkeit nicht zweifeln. Allem ansehen nach kann ich das Vergnügen noch einmal haben Sie zusehen. Man hat mich nicht mehr wollen in das GartenHaus ziehen laßen. Ich habe also iezt meine Wohnung bey dem Hrn. Schultheiß genommen. Der Hr. Pfr. von Neftenbach ist seit vorgestern hier. Alle unsre Freünde empfehlen Sich Ihnen, ich ersuche Sie mich der Fr. Profeßorin und unserm theüren Hrn. Corh. Breitinger vorzüglich zu empfehlen.

Adieu. Sulzer.

Erinnern Sie doch die Fr. Profeßorin an den Bedienten, der sich gemeldet hat. Bey dem Hrn. Orell an der Kirchgaß kann man Erkundigung über ihn einziehen.

Überlieferung

H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 5a. – A: ZB, Ms Bodmer 13a.

Anschrift

Herrn Profeßor=Bodmer in Zürich

Vermerke und Zusätze

Siegelreste.

Stellenkommentar

dem Frieden
Der »Friede von Hubertusburg« vom 15. Februar 1763 besiegelte endgültig das Ende des Siebenjährigen Krieges.
selbst überschreiben
Zu den Vorbereitungen der Reise vgl. Sulzer an J. C. Lavater, Winterthur, 20. Februar 1763 (ZB, FA Lav Ms 528.267): »Winterthur den 20 Febr. Mein werthester Herr und Freünd. Ich kann Ihnen nun mehr mit Gewißheit sagen, wie lange ich meine Abreise noch verschieben kann, und ich habe die schöne Hoffnung, daß wir noch zusamen reisen werden. Ich bitte mir aber von ihrer Freündschafft aus, daß Sie mit dieser Nachricht so verfahren, daß sie hier nicht bekannt werde. Denn ich möchte unvermuthet und ohne von jemand Abschied zu nehmen, von hier verreisen. Die Art wie dieses geschehen wird und wie Sie mit ihrer Gesellschaft mich antreffen werden, will ich Ihnen zu wißen thun, so bald ich Gewißheit habe, daß Sie werden mitreisen können. Ich kann bis auf den 10 oder 11 März hier bleiben, und wenn Sie den 12 oder 13 von Zürich abreisen können, so ist mein Wunsch, in ihrer Gesellschaft zu reisen erfüllt. Ich ersuche Sie also mir so bald es Ihnen möglich seyn wird Nachricht zu geben, ob Sie auf bemeldte Zeit werden reisen können. Denn in diesem Fall würde ich für uns eine gute Reise Kutsche kauffen, die ich für 8 Louis d'or haben könnte. Sollten Sie keine Hoffnung haben, auf bemeldte Zeit reisen zu können, so berichten Sie mich deßen denn in diesem Fall reise ich von Morgen über acht tage. Wenn es nach unserem ersten Plan geht, so müßten Sie anstalten machen, alle ihre Sachen außer die wenige wäsche, die man auf der Reise braucht durch Fuhren nach Leipzig zu schiken. Denn es wird uns bey diesen tieffen wegen ein oder zwey Pferde spahren, wenn wir ohne Bagage reisen. Dieses aber müßte bald geschehen. Denn wenn Sie den 12 aus Zürich reisen können, so können wir den 25 oder 26 in Leipzig seyn. Vielleicht treffen Sie den Hrn. Spalding in Berlin an. So viel habe ich Ihnen zur Nachricht melden wollen. Ich bin Ihr ergebenster Fr. und Dr. JGSulzer«.
das GartenHaus
Vgl. Brief letter-sb-1762-10-17.html.
den Bedienten
Nicht ermittelt.

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann
Kommentar: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann