Brief vom 30. August 1757, von Sulzer, J. G. an Bodmer, J. J.

Ort: Berlin
Datum: 30. August 1757

Mein werthester Herr und Freünd

Der Betrügerische Schwarz hat endlich, da die Verfallzeit des Wechsels um war frey heraus gesagt, daß er bey diesen schlechten Zeiten nicht bezalen könne. Nun ist die Sache zur Klage, und da die Wechselrechte hier sehr scharff sind, so hoffe ich in wenig Tagen mit ihm fertig zu werden. Indeßen hat mir der Advocat gesagt, daß in dem Endossement des Wechsels ein Mangel befindlich ist, und daß es nöthig ist, daß Sie diesem dadurch abhelffen, daß Sie mir einen besondern Schein schiken, daß Sie den Betrag des Wechsels, oder Valuta von mir in Rechnung, oder baar empfangen haben. Dieser Brief kann Ihnen dafür zur Sicherheit dienen, daß ich deswegen diese Summe von Ihnen nicht fodern, noch die Schuld des Schwarzen für die meinige halten werde.

Dem jungen Vögeli, der sich bey mir gemeldet habe ich 3 Rthlr.. bezalt. Dieses kann an Hrn. Künzli gegeben werden, mit dem ich in Rechnung stehe.

Was denkt man in der Schweiz von dem Ausgange des Krieges. Die Kleinmüthigen bey uns fangen an zu fürchten. Aber ich sehe noch keine große Noth. Der König macht gegenwärtig außerordentliche Anstallten, und wird seinen Feinden fürchterlicher werden, als er jemals gewesen ist. Seine Armeen bestehen würklich aus mehr als 200 tausend Man. Die HauptArmee lauert noch immer der oesterreichischen Armee, die sich an der böhmischen Gränze zwischen Bergen sehr verschanzt hält, auf den Dienst. Weil sie da nicht anzugreiffen ist, so muß der König abwarten, bis die JahrsZeit sie nöthigen wird, die Gebürge zu verlaßen, als denn wird was merkwürdiges Vorfallen.

Noch wißen wir nicht, wie weit die Franzosen ihre Unternehmungen dieses Jahr zu treiben gedenken. Sie sind aus dem Braunschweigischen noch nicht gegen Halberstatt vorgerüket. In Magdeburg ist eine Besazung von 20 tausend Man.

Aus Preüßen erwartet man täglich Nachricht von einem Haupttreffen, in dem die Armeen sehr nahe sind auch täglich Scharmüzel zu unglaublichem Vortheil der unsern Vorfallen. Aus Petersburg sind ziemlich sichere Nachrichten hier, daß die Tartaren in das Rußische Gebieth eingefallen seyen. Das Gerüchte geht auch, daß der Herz. v. Cumberl. die Franzosen geschlagen habe. Was aber die Engländer zur Aufrechthaltung der guten Sache thun wollen weiß hier niemand.

Laßen Sie doch unserm Freünd dem Hrn. Künzli diese Nachrichten, so bald als möglich ist zukommen, und sagen Sie ihm, daß ich seinen lezten Brief vor 2 Tagen bekommen und in kurzem Beantworten werde. Heüte kann ich nicht mehr schreiben, weil ich so gleich abgeruffen werde.

Leben Sie wol.

Ich bin Ihr ergebenster
Sulzer.

den 30 August 57.

Überlieferung

H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 5a. – A: ZB, Ms Bodmer 13a. – E: Anonym Über Friedrich den Großen II 1807, S. 55 f. (Auszug).

Anschrift

A Monsieur Bodmer Membre du Conseil souverain & Professeur à Zurich Frco Nrnberg.

Vermerke und Zusätze

Vermerk Bodmers auf der Umschlagseite: »beantwortet den 10. Sept. 1757/ Mary Jones Jacob and Rahel«.

Stellenkommentar

jungen Vögeli
Vermutlich Hans Konrad Vögelin. Vgl. Kommentar zu Brief letter-bs-1759-10-26.html.
die Franzosen geschlagen
William Augustus, Herzog von Cumberland, wurde von den Franzosen im Juli 1757 in der Schlacht von Hastenbeck geschlagen.
seinen lezten Brief
Martin Künzlis Brief an Sulzer vom 19. August 1757 ist nicht überliefert.
in kurzem Beantworten
Sulzers Brief an Martin Künzli vom 6. September 1757 (SWB, Ms BRH 512/73).

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann
Kommentar: Jana Kittelmann