Mein wehrtester Herr professor.
Es ist mir leid daß das geschäft mit Schwarzen Ihnen so viel bemühung verursachet, noch mehr ist mir leid, daß mein l. schwager durch diesen betrügerischen Mann in ziemliche gefahr zu kommen scheint. Ich bin versichert, das sie mit ihrem Advocat alles vorkehren werden, damit Hr. Orell mit dem wenigsten verlust als möglich ist, aus dem spiel komme, und da darf ich ihnen nicht sagen, daß, wenn sie nicht geld bekommen können, sie sich an Wahren und Effetti hypothec geben lassen, so viel sie bekommen können, und der betrag des wechsels fodert. Ich glaube daß beygelegter Schein genugsam ist den mangel in dem Endossement des wechselbriefes abzuhelfen. Die 3. von Hn Vöglis Vater werde ich Hn provisor ohne anstand bezahlen.
Ihr voriges schreiben vom 12 Julius hatte ich in Trogen empfangen wo ich mit Breitinger und Wieland die schotten getrunken. Der Inhalt hat uns und Künzli p. recht erquikt, und seit derselben Zeit haben wir öfters Trost darinnen gesuchet. Es fehlet uns nicht an Wiz und Politik die sachen die wir wünschen in dem besten licht zu betrachten, wiewol wir insgemein die einzigen sind, welche sie so ansehen. Denn es giebt bey uns nicht nur kleinmüthige sondern übelgesinnte und übeldenkende. Hr. director Schuldheiß ist einer von denen die äusserst schlimm von disen sachen denken und wünschen. Er hat eine gewisse freude an dem was uns kränket. Er glaubt am liebsten, was uns dreyen oder vieren verdrießt, und prophezeit lauter unglück, das nach seiner art zu denken, nothwendig erfolgen muß. Er sieht auf einer seite Imprudenz, Etourderie, Charles douze, – auf der andern Macht, Klugheit, Ordnung, Gerechtigkeit – dort sind alle Ressources verstopft, man verliert mitten im siegen, der himmel hat s. rächende hand ausgestrekt.
Hr. Provisor und wir haben alle posttage ihren briefen mit schmerzen entgegen gesehen, wir erwegen alle ihre worte, und wenn wir darinn zuversicht und muth lesen, so ist es balsam für uns. Sie können nichts bessers thun, als wenn sie die ersten guten nachrichten, die sie wissen, an einen von uns communiciren und weil es sonst nicht ganz sicher ist, so geben sie ihren berichten den air als ob es geschichten aus andern Reichen wären, aus Marocco od. Fez. Alle zeitungen, die in hiesigen gegenden gedrukt werden, sind einseitig, und man mit Noth bisweilen durch das, was man sagt, etwas lesen, was man nicht hat sagen wollen.
Indessen leben wir so muthig als wir können. Hr. Orell hat nicht unterlassen einige ballen bücher auf die Messe zu schiken. Ich habe einen pak für sie beygelegt, der schon vor 8. wochen hat abgehen sollen.
Der Manessische Codex ligt unter der presse. Hr. Wieland arbeitet an einem andern Adam.
Ich habe zu wenig Zeit als daß ich ihnen in der ordnung schreiben könnte. Hr. stadtschr. Sulzer ist hier, und vielleicht seh ich ihn noch, wiewol er in ein paar stunden zu verreisen gedenkt. Nochmals; haben sie die güte für uns halb niedergeschlagene, in den Zeitungen niedergeschlagene, und richten uns auf, so bald sie etwas wissen das dazu dient. K. S. W. Br. W. – bitten sie darum. Leben sie wol mein theuerster, salutiren sie von uns ihre Geliebte und glauben daß ich ganz der Ihrige bin
Joh. Jac. B.
Zürch den 10. Sept. 1757
H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 12a.
A Monsieur Soulzer professeur tres celebré etc. à Berlin Franche Nurnberg
Vermerk Sulzers am oberen rechten Rand der ersten Seite: »10 Sept. 57.«