den 20sten febr. 1763.
Izt haben sie vermuthlich ihre kleinen Abschiedsreisen mit ihrer gewöhnlichen munterkeit vollendet; und bis zu der hütten des guten Kleinjoks fortgesezet. Schmeicheln wir uns zu viel daß wir sie noch einige tage zu uns erwarten? Der frieden, so viel ich davon noch weiß, machet mir bisher noch keine besondere Freude, die nicht ein jeder frieden mir machet. Durch den Verkauf ihres Hauses ist ihnen viel mühe abgenommen worden; ich wünschte daß ich auf dieselbe art des meinigen looß werden könnte, ohne daß ich delogiren müste. Hier ist der bekenhof um etliche und 30. 1000. verkauft. Hr. professor Heßen Bruder, der das Kupferbergwerk erheurathet hat, hat ihn gekauft.
Hier sind sehr anzügliche, den gemeinen leser verwirrende schriften gegen Lavater und vornehmlich gegen Füßli ausgestreut worden, die stark gelesen werden. Selbst unsere direttori werden davon verblendet. Sie sind schier genöthiget eine Antwort darauf zum popularen unterricht zu verfertigen. Es sind Anzeigen, daß die ehrenrührigste von disen schriften den bekannten Canonier zum verfaßer habe. Vielleicht bringen die beyden freunde ihre Antwort diesem herren, ohne sich vermerken zu laßen, daß sie ihn in verdacht haben; und sie bitten ihn, als ihren hohen verwandten und mitzünfter um seinen schuz. Entweder müste er sich für den Verfaßer entdeken oder mit geduld alle die pillen verschlingen, die ihm denn gegeben würden. Entdeket er sich so ist er ein pasquillant in jedermannes begriffen.
Erst donnerstags oder samstags wird des ungerechten landvogts geschäft vor die zwey hundert gebracht, der Himmel weiß ob es denn nicht lange herumgezogen wird. Gewiße leute sind sehr langsam. Seine verwandten fangen an demüthiger zu reden, und einige scheuen sich nicht den und jeden anzureden und Gnade für Recht zu flehen. Die gnädigen Herren sind so besorgt für ihre Etiquette daß sie die beyden scribenten für schier so criminel als den landvogt ansehen würden, wenn sie vor der Zeit verreiseten, ob sie gleich nicht gefangen sind, und allenfalls caution geben könnten.
Wegen des bedienten hab ich zuverläßige nachricht, daß er wolhabende Eltern habe; wiewol ein bruder von zehn geschwistern. Er kan französisch, und hat auf eigenen kosten ein ganzes jahr bey Justiniani gelebt, das Italienische zu lernen. Er ist aus Hn. Otten dienst gegangen, weil das Gassefegen ihm nicht anständig war. Man hätt ihm die paye gern vermehrt wenn er hätte bleiben wollen. Er hätte gern in einem Contoir gedient. Er ist in guten sitten und gemüthe. Man hat ihn in allen freyern stunden mit dem buch in der hand gesehen. Izt wollte er gar etwas von der andern Welt, doch nicht außer Europa, sehen. Vermuthlich ist er bey ihnen gewesen, denn bey uns hat sich sein freund, der uns zuerst von ihm gesagt hat, nicht mehr gemeldet. Leben sie mit ihren dasigen Freunden Frühlingstage im geistlichen und leiblichen Verstand.
Ihr beständiger Bodmer.
H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 12b. – A: ZB, Ms Bodmer 20.9–11, 13a.