Mein werthester Herr und Freünd.
Es ist mir als wenn mir alle Freünde gestorben wären seit dem Sie aufgehört haben mir zuschreiben. Sie haben sich doch der Welt noch nicht entzogen und sich so in ihr Cabinet eingeschloßen, daß Sie auch nicht einmal Briefe heraus gehen laßen? Mich verlangt so sehr nach einem Brief von Ihnen, als einen unglüklichen Liebhaber nach Nachricht von dem Aufenthalt seiner Geliebten. Hr. Schmidt Klopstoks Freünd hält sich jezo hier auf, und rühmt, daß es dem Poeten in Dennemark wolgehe. An dem hiesigen Hofe will man wißen, daß der König von Dennemark nur aus Caprice einen deütschen Dichter ehret, deßen Lied ihm seinem Inhalt nach sehr wenig am Herzen liegt.
Man plagt mich von allen orten her, ich soll den Noah druken laßen, ich sage, daß er Ihnen zugehöre und daß meine abschrifft sehr unvollkommen sey. Aber wann werden Sie denn die vollkommnere der Preße übergeben? Ich hoffe doch auf die Meße, es sey geschrieben oder gedrukt, etwas neües davon zusehen.
Ebert Übersezung des Young hat bey ihren großen Schönheiten grobe Fehler. Ich habe einige angemerkt, die ich ihm anzeigen werde.
Jezo denke ich an nichts, als an bauen. Der König hat mir ein fürtreffliches Stük Land mitten in der Statt, geschenkt, da ich ein Haus bauen will. Ich werde dabey des Epicurus Garten wieder Herstellen, und Mitten in der Statt zwischen zwey Flüßen und nur ein paar Steinwürffe weit von dem Königl. Schloß ein Landgut haben. Dieses Geschäfft benihmt mir jezo alle aufmerksamkeit für andre Sachen. Daher ich jezo so kurz seyn muß. Es ist mir genug, daß ich Sie erinnert habe, wie sehr lange es ist, seit dem ich den lezten Brief von Ihnen erhalten habe.
Ich verharre
Meines werthesten Hrn. und Fr. ergebenster Dr.
Sulzer
Berlin den 20 Sept. 1751.
H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 5a. – E: Körte 1804, S. 159 f. (Auszug).