Mein Herr und werthgeschäzter Freünd.
Ich bin diesen Nachmittag von Leipzig wieder hieher zurük gekommen, und muß noch diesen Abend davor sorgen, daß der junge Hr. Heß Morgen früh wegreisen kann. Also bleibt mir fast gar keine Zeit zum Schreiben übrig. Ich will also nur das nöthigste sagen.
Hr. Lange hat mir die neüen Erzählungen und die übersezung der Horaz. Oden geschikt, und er hat es ohne Zweifel auf dero Ordre gethan, wofür ich sehr oblig. bin. Der Pygmalion und Elise haben mich ungemein ergezt. Ich werde sie mit ihrer Erlaubniß seiner Zeit auch dem Mädchen Fr. ein verleiben. Ich gedenke diesen Sommer eine freye übersezung des E. Tatii de Clitoph. et Leucippe amor. zu machen, worin die Liebe ohngefehr eben so aussehen soll, wie in dem Pygmalion.
Mit dieser Wochenschrifft kann es nicht anders, als langsam gehen, weil ein einziger, dabey noch etwas träger Mensch daran arbeitet. Dieser bin ich. Jezo hoffe ich aber den Hrn. Gärtner, Ebert p. zu mitarbeitern zu bekommen. Ich habe Hrn. Gärtner nicht mehr in Leipzig angetroffen. Er ist seit wenigen Wochen in Braunschweig, als Gouverneur eines jungen Grafen. Hingegen habe mit Hrn. Ebert, Räbner, u. Giseke, der drey fürnehmsten Verfaßer der Bremischen Beyträgen Bekanntschafft gemacht. Der Plan des Mädchenfr. gefällt ihnen sehr wol und wir werden nun weiter sehen, was zu thun ist.
Ich habe auch Hrn. Fuchs den berühmten Bauren Sohn gesprochen. Ohne Zweifel hat der Hr. v. Hagedorn Ihnen die ganze Historie dieses Menschen geschrieben. Ich finde sehr viel liebenswürdiges in seinem Charakter, und habe das Zutrauen, daß er auch durch ein noch größeres Glük nicht wird verdorben werden. Bemeldte Hrn. haben mir alle aufgetragen, Sie mein Hr. und den Hrn. C. Breytinger ihrer großen Hochachtung zu versichern.
Ich habe auch den Hrn. Pr. Meyer nun persönlich kennen gelernt. Er hat mir in der ersten Unterredung ein besonder freündschaftliches und redliches Herz sehen laßen.
Ich habe an Hrn. Waser ein paar Abschnitte meiner Phil. Unterredungen geschikt, mit Bitte, sie Ihnen zur Beurtheilung zu überschiken. Ich beschweere Sie, mein Herr, mir diesen Dienst nicht abzuschlagen und ihre Meinung, so wol von dem Plan überhaupt, als von der ausführung, der Schreibart, der Wahl der Nebenumstände, ganz offenherzig zu eröffnen. Es ist noch Zeit alles beßer zu machen.
Von Hr. Orell habe Lauffers Helv. Geschichte erhalten und werde es à bon compte notiren. Ich bin Ihnen für die richtige Bestellung sehr verbunden.
Sie werden aus Hr. M. Langens Brief sehen, daß er sich von seiner Bekanntsch. mit dem G. v. Stille, göldene Berge verspricht, mir kömmt die Sache nicht so sehr groß vor. Er ist zwahr einer der ersten Lieblinge des Königs. Doch glaube ich noch nicht, daß dieses weder Hr. Langen noch dem Geschmak überhaupt viel helffen wird.
Haben sie niemand bey Ihnen, der im Stande wäre den Theocritus in deütsche Verse zu übersezen? Ich möchte gar zu gerne einige Stüke davon zu dem Mädchenfreünd haben. Es soll nichts von dieser Schrifft unter die Preße, bis ein ganzes Jahr Vorrath vorhanden ist.
Dieses ist alles, was ich für diesmal in Eil zuschreiben hatte. Ich empfehle mich, dero fortdaur. Gewogenheit, und ersuche Sie mich auch dem Hrn. C. Breitinger bestens zu empfehlen. Übrigens verharre
Meines Herrn u. werthg. Freündes
gehors. ergebenster
Dr. Sulzer
Magdeb. den 18 May 47.
H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 5a. – A: ZB, Ms Bodmer 13a. – E: Anonym Über Friedrich den Großen I 1807, S. 347 (Auszug).