Erquiken sie mich doch bald, liebster Sulzer, daß sie das Ende ihrer unendlichen geschäfte erreicht haben, und izo in ihrem Garten Ruhe und stille schmausen, wie die Engel in Miltons Olympus unsterblichkeit zechen. Ich will dann nicht verlangen, daß Sie anders mehr arbeiten als den geruchreichen athem ihrer blumen einsaugen; möge ihr Geschmakswerk im Staube liegen, mögen Weiß und Nicolai und Michaelis den Ton geben, und über geschmak und poesie und sprache triumfiren. Aber, nur
[→]Möge doch Sulzer zuweilen auch an den Menschen gedenken,
dem der Gedank an ihn, an seine freundschaft und liebe,
Noch sein siebzigstes jahr erwünscht und angenehm machet.
Dürft' ich mehr wünschen, so wünscht' ich Flügel dem spielenden Lüftchen
Welches die süssen Töne von seinen Lippen, vermischet
Mit dem geruch der ros' und dem duft der lilien, ⟨auffaßt⟩;
Flügel wünscht' ich dem Zefyr, so schnell wie der sonnigte stral ist,
Daß er die süssen Töne von Sulzers lippen nicht leise
Von der Spree herüber zum Rhein durch Plänen u. Hügel
Bis in das Zimmer trüge, wo in glükseligern stunden
Ich die lebende Stimme von seinem wolredenden Munde
Hört', und erwiederte; wo ich verlaßen izt nur bey mir selbst steh,
Und nach gesellschaft seufze, und dann für alle gesellschaft
Bitaubé finde, der Joseph gewürzte, blumigte, Prosa
Schleppen lehrt'; ich bewundre das süsse französische Herrchen
Der sich Jacobs Sohn nennt und Isaaks Enkel; er dünkt mich
Würdiger Mouhys Sohn zu seyn; und Zaluka zeichnen
Züge von Mouhys Töchtern, des Vaters unzüchtiger Schönen.
O wie ungleich ist Joseph dem weisen griechischen Jüngling,
Der von den Lippen Wielands die Weisheit der Griechen gehöret,
Und die bessere tugend in weichen, weibischen, Tagen
Unter der wollust augen im Antliz Amors geübt hat.
Wielands Agathon ist immer ein Acteur der philosophischen sekten der Griechen. Es ist hämischer Groll, daß die allgemeine deutsche bibliothek ihn ins Vergessen begräbt.
Mendelsohns Phädon hat weder Platons poesie, noch Socrates Dialogue, das dritte Gespräch ist eine Rede.
Nicolais Abbt hat Verdienste, die in der Möglichkeit und Künftigkeit waren. Anderer Verdienste, die gegenwärtig sind, erblikt Nicolai nicht.
Abbt hat ein Tacitus durch den ausdruk werden wollen, da der Nerve, die denkensart, des Tacitus ihm gemangelt hat.
Der Fragmentist glaubt, daß die sprache undeutsch werde, wenn man darinnen orientalisch denkt und ausbildet.
Füßli schreibt mir aus London daß die Noachide in Colliers sündflut untergegangen sey; die Zweite Edition sey schon heraus, und die leser seyn die leser des Englischen Messias und Abels, die armen im geiste. Seine Freunde, sagt er, seyn, Sulzer ausgenommen, so gut als todt. Man habe in London Remarks on the writings and the Conduct of J. J. Rousseau, die man Sterne oder Armstrong zuschreibe.
Ich hab ihn doch im Verdacht, daß er wol selbst der Verf. seyn möchte. Denn er hat mir das Titelkupfer geschikt. Die Gerechtigkeit und die Freiheit hangen an einem Schnabelgalgen. Ein staatsmann reitet auf der Societät, die auf allen vieren kriechet. J. J. Rousseau in s. armenischen Habit, mit seinen wahren Gesichts Zügen die sonde in der Hand, deutet, satirisch lächelnd, auf sie.
Unser Doctor hält sich für die gute sache immer brav. Arau hat unserer erwartung nicht entsprochen. Die Conferenz daselbst hätte den petit Cl. zum herrn in G. gemacht, wenn der König nicht selbst darauf gefallen wäre, daß die parteyen sich unter sich selbst vergleichen möchten. Unser staat hatte das herz nicht, dem König anzusinnen daß er den Genfern erlaubte deßfalls einen Versuch zu thun; wiewol die Citoiens deßwegen dem Cl. adresses über Addresses übergaben; die diser allemal zurük gab, ohne daß er sie uns zeigete. Der Doctor und ich waren hier die einzigen, welche riethen, daß man dem König vorstellen sollte, auf diese Art allein könnte für die Independenz von Genf gesorgt werden, und anders würde die Confidenz nicht widerkommen. Wir wurden für Seperatisten gehalten. Izt hoffen wir, weil der König selbst darauf fällt, quo spiritu, albo an atro, wissen wir nicht, so werde man uns wieder in unsere Verstandesehre einsezen.
In Bern halten Engel, Daxelhofer, Tavel sich tapfer. Sie haben bis auf die Conferenz von Arau prevalirt. Das memoire, das die stände nach Versailles geschikt, war auf feste grundsäze gebaut. Niemand kam der sinn daran, daß man in Arau davon abspringen dürfte. Man bracht uns doch einen abschied, der offenbar davon absprang, und diesen abschied genehmigte unser stand, und bat Bern ihn auch zu genehmigen. Wir standen in furcht, daß dieses geschehen würde. Izt hoffen wir wieder.
Lentulus hat die Franzosen bey den Berner Bauern so klein gemacht, daß derer tausend ihm gegen 10.000. Franzosen folgen würden. Er hat in einem Campement die manoeuvres und märsche der Preußen nachgemacht und allemal zufriedenheit mit den soldaten und unzufriedenheit mit den Offizieren bezeuget. Die grossen haben dieses manège nicht gern gesehen.
Ist in Berlin niemand, der sich ärgert, daß in der allgemeinen deutschen Bibliothek [→]weder des deutschen Hudibras noch des deutschen Epictetus gedacht wird? Oder sind dise Werke so schweizerisch, daß ein deutscher sie aus seinem fache verweiset? Und warum werden unsers Wegelins Considerations und Memoire historique eben so verächtlich tractirt? Warum triumphiren die Verf. so stolz über sehr schwache werkgen, welche sie ohne barmherzigkeit verurtheilen; und stellen an ihren plaz doch nichts bessers, wenn das bessere gleich vorhanden ist?
den ersten Jul. 1767
den 4ten Julius 1767
Es findet bey uns noch grossen Widerstand, ob wir ein prononcé wollen vorhergehen lassen, und erst hernach der Republ. Genf überlassen, sich durch sich zu vergleichen oder ob wir das prononcé suspendiren und zuerst sie wollen versuchen lassen, ob sie sich durch sich selbst componiren können. Ich denke sie verstehen dieses nicht, und ich hätte selbst mündlich eine Stunde zu reden, ehe sie es verstehen könnten.
Es beruht darauf, daß einige nöthiger finden zu prononciren, andre glauben es sey für Genf besser gesorgt, wenn sie sich selbst accomodiren.
H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 12b. – A: ZB, Ms Bodmer 20.9–11, 13b.
pour Monsr. le profess. Soulzer.
Mit Bleistiftzeichnung eines Sockels und einer Figur.