Der Prinz von Braunschweig hielt sich nur einen Tag in Bern auf, doch hat man ihm ein memorial für die gute sache der Genfer beygebracht. In Genf hat der Conseil ihm dans la haute ville einen Ball gegeben, auf welchem nur die belles negatifes tanzeten; die von den rues basses wurden nicht zugelassen. Sie wissen, daß die Conseillers ihren siz in der haute cité haben, wohin sich jeder der in den kleinen Rath kömmt, verpflanzen muß. Livius schreibt nichts davon, daß man in Rom Ballets und Schauspiele gegeben, als die plebejer in den montem sacrum gewichen waren.
Bern hat die Minute der Ehrenerklärung, so Beauteville für den Conseil aufgesezt und Choiseuil uns, als eine Vorschrift pro ultimato ankündigt, in den hartesten Ausdrüken gemässigt, wiewol es so noch allzu scharf ist, und die Handlungen und Sentimens des Rathes so stark rechtfertiget, daß ein sophistischer Kopf, wie des procur. gen. Tronchins, leichte eine Diffamation und Crimination der Representanten daraus heraus destilliren könnte. Dem vorzukommen hat man die Clausel hinzugesezt, daß dieser Acte keinen Einfluß auf die prætensionen beider Parteyen haben solle.
Hier will man uns glauben machen, daß es unserm grossen rath zu viel zugemuthet wäre, wenn er sollte die Mühe nehmen sich aus den Edicten von Genf und der Mediation von 1738. um die Natur der Genfischen Constitution p. zu erkundigen. Wir sollen, sagt man, diese sorge auf unsere beyden plenipotentiaires abladen. Ich hasse dises Wort, das noch ganz neu in unsern Republiken ist. Es ist kaum möglich unsere Leute nur so weit zu bringen, daß sie sich erklären, ob sie den Conseil General für den Souverain halten? Man wollte gern Säze zu Crimes machen, die man nur für problemes giebt, welche von dem Souverain beantwortet zu werden verdienen, und wenn sie irrig wären, nur VerstandesFehler sind. Die Tronchins sind die Boutefeux; sie haben Gold, und Sophisme, und Autorität zum verführen. Und dises nicht nur in dem kleinen Rath und dem grossen von Genf, sondern selbst bey dem königlichen ministerio, bey welchem sie von langer Hand gearbeitet haben. Es ist zum nachtheil unserer Deliberationen eine Sazung unsers grossen Raths, daß jedem Mitglied verboten ist über Staatsgeschäfte briefe zu wechseln, oder Memorialien zu schreiben. Es ist ohne Zweifel mein geschäftiger geist, daß dise sachen mich sehr in Bewegung bringen seitdem ich mich weniger mit Hexametern abgebe. Ich weiß nicht ob man in der Absicht mich zu gewinnen, oder zu überschreyen postliminio hiesigen Geheimden Rath zur Berathschlagung des Genferischen Geschäfts zugeordnet hat.
Über dieses hat Bern eine Antwort an den Duc de Choiseuil geschikt, welche nicht so general und mager ist als unsere. Man hat sich über verschiedene der wesentlichsten Artikel vorläuftig ziemlich bestimmt und freymüthig herausgelassen, und ihm seine Torts gezeiget. Anfänglich mußte Zürch Bern stimmen; izt will bald nöthig werden, daß Bern Zürich stimmen muß. Doch haben wir den Bernischen Gedanken ohne Ausnahme zugestimmet.
Herr Norton, der Englische Resident in Bern hat beyden ständen im Nahmen seines Königs geschrieben, daß sein König in den Genferischen Unruhen und derselben Auskunft nicht gleichgültig sey, und insonderheit den XV. Artik. der Mediation von 1738 ⟨angehangen⟩, in welchem gesezt ist, daß selbst im Fall der thätlichen garantie nur Truppen von beyden Cantons gebraucht werden sollten. Izt hoffen wir, daß es nicht zu dergleichen feindseligen Versöhnung kommen werde; wie es nothwendig kommen müßte, wenn Versailles von den ⟨puissants⟩ Tronchins aufgebracht, auf seinen Gesinnungen bliebe, daß die Mediatores in der Republik Genf Arbitres und Legislateurs seyn, und der Conseil du Souverain, die representirenden Citoiens Rebellen seyn; und wenn beyde stände sich Frankreich zu gefallen, in disen Egoût d’Iniquité hineinreissen liessen.
Es muß eine vortreffliche Würkung thun, daß England auf das Schiksal der popularen Regierung in Genf attent ist; wir sind ihm dafür herzlich verbunden. Würden die Regenten von Genf den Conseil general unterdrüken, und das Heft bekommen, so dankten sie es Frankreich und wären so französisch, als izt die von Straßburg sind. Es gäbe den zweiten Tom von Straßburg. Ich denke, es könnte dem Grafen von Neufchatel und Vallangin auch nicht indifferent seyn, ob Genf eine Schweizerische Stadt nur dem Nahmen nach, aber in der That ein Municipium von Versailles würde.
Wie stark mir dise sache durch den Kopf gehet, so fürchte ich doch, daß Sie, mein liebster Sulzer, noch schwerere sorgen haben. Ich sehe sie noch weit von der stille entfernt, so sie zur Vollendung ihrer Arbeit für den Geschmak nöthig haben. Unterdeßen wird das Übel beynahe unheilbar. Ihre Briefe, die sie mir schreiben, sind ihren geschäften geraubt. Vielmehr fremden, nicht ihren erwählten geschäften, und der schlimme Füßli vermehrt ihre sorgen noch so undankbar! Und wie würde Philocles, wenn er noch lebte, seinen geist auf die Tortur sezen müßen, den panegyricus zu vollenden, an welchem er mit Enthousiasme in dem lezten Krieg gearbeitet hat! Ich erzähle ihnen nicht, was sie mir nicht erzählen; sie sehen, und ich höre nur.
Ich umarme Sie zwanzig male.
Ihr Bo.
In Genf fährt man fort, den Vermittelungsplan vollkommen zu machen. Aber noch immer wird den Citoiens ein tiefes Geheimniß davon gemacht. Dennoch sind einige Artikel transpirirt, von welchen sie sagen es seyn lauter ringe eine der schwersten Ketten für sie zu schmieden. Man offenbare nur zu sehr, daß man alle vorrechte des Conseil general, als des souverain in die Hände des kleinen Rathes legen wolle. Niemals werden die Citoiens sich muthwillig Ketten anwerfen und ihre Freiheit freywillig vergeben. Sie wollten keine Democratie, aber auch keine Aristocratie, ihre Constitution sey gut, man hätte nur ein Paar Artikel vor den Gesezgeber d. i. den Conseil General bringen sollen, den wahren sinn davon zu bestimmen, so wäre alles richtig gewesen.
Wenn der plan sey, wie man sage, so werde er durchgehends verworfen werden, sie wollen sich zum Fluch ihrer Nachkommen machen. Der plan sey von einer unverzeihbaren subtilität, anfänglich schien der Bürgerschaft einige Vortheile zu geben, diese seyn aber mit so viel Entraves beladen, daß nichts als Knechtschaft übrig bliebe.
Bisher hat man hier und in Bern noch immer gesagt, daß der plan nur pacificationsmittel enthalte, welche freywillig angenommen werden müssen. Wenn er aber verworfen wird, so weiß ich nicht ob man ihn nicht für decisiven geben wird. Dann würde es bey den Citoiens Vigeur erfodern. Wenn sie Vigeur haben, so braucht es bey uns eine starke Entschliessung eine Armee vor Genf zu schiken sich die Thore zu eröffnen.
Die Citoiens sagen, sie haben 1738. ihren Consens geben müssen, und sie haben ihn nach den begriffen gegeben, welche sie in dem klaren gesunden Verstand der Artikel gefunden haben, darum komme es auch ihnen zu, die streitigen Artikel zu interpretiren. Sie in dem sinn anzunehmen, welchen der Conseil ihnen geben will, hätte 1738. kein Mensch Ihnen zumuthen dörfen, und sie wären damals von allen Einsichten und aller Liebe zur Freiheit nicht so verlassen, daß sie dieselbe Mediation in den begriffen des Conseils angenommen hätten.
Bey dem allen kann ich mir nicht vorstellen worauf die Hhn Mediateurs sich verlassen, die Citoiens zu bereden, daß sie sich ergeben.
H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 12b. – A: ZB, Ms Bodmer 20.9–11, 13b.