Mein wehrtester Freund.
Die Hoffnung die sie uns machen, daß sie villeicht zwanzig gönner aufbringen können, die auf unser programma subscribieren und sich mit ein Duzend Exemplare jeder chargieren wollen, hat dises unternehmen dergestalt befördert, daß wir ohne längern Anstand den anfang mit dem drucke machen werden. Also fahren sie nur fort die subscriptionen zu sammeln. Wir haben hier einmal mehr subscribenten gefunden als wir vorhersehen können.
Sie können sich selber antworten, warum wir den autor der Ankündigung der Dunciade lieber verborgen hätten. Alles was aus der Schweiz kömmt, ist verdächtig, verhaßt, und zum mindesten parteisch. Wir hatten gehoffet, daß diejenige, die es aus einigen Anzeigen errathen könnten, daß W. der verfasser wäre, so viel discretion haben würden, zu glauben, daß man seine ursachen hätte unbekannt zu bleiben, und darum niemand verrathen würden. Gottsched, der Lessingen das werk schuld gegeben, hat nur seine dummheit entdekt. Zwischen Lessings und des autors denkart und ausdruk ist ein unterschied wie zwischen Wein und Bier. Wir erwarten, daß die Gottschedianer die lezten ⟨Hefen⟩ ihres unflates über uns ausschütten werden. Aber nicht nur die Gottscheden sondern die Nation hat ihren theil bekommen, und ich zweifle, daß sie es, es mag verdient oder unverdient seyn, mit guter Art vertragen werde.
Michaelis Recension der Nicolaischen briefe habe ich noch nicht gesehen, aber ich kenne den sünder schon, und warte nur auf eine Epopöe die er versprochen hat, und die nicht mehr fern seyn kann. Wir sind von Gönnern und Freunden so gänzlich verlassen daß wir ohne alle Nachrichten von Lessing, Nicolai, Ewald – sind. Wenn die unsere Richter sind, so wissen wir unser urtheil. Hier ist nicht unbekannt, daß Hr. von Kleist die Epigrammes, ein schweizer, zween schweizer, gemachet hat.
Ich hätte wünschen mögen, daß die Berlinischen Damen ihr beyfallsge- schenk Ramlern gegeben hätten, der es nöthiger hat als Gellert, und verdienen könnte, wenn er Musse hätte.
Hr. Wieland hat durch seine sympathien, und einen Hymne in prosa auf die gerechtigkeit Gottes seinen Credit hier bey allerley Art von Leuten festgesezt. Es ist ganz natürlich daß der geprüfte Abraham an dem Hofe nicht geschäzt werde, wo die Jeane d'arc geschäzt wird; die Jeanne d'arc würde an Abrahams oder Davids Hofe eben so wenig geschäzt worden seyn.
Es ist ein nützliches vorhaben daß sie ein dictionaire des beaux arts schreiben wollen, man muß den guten deutschen das schöne und wahre in allerley Formen einkleiden. Meine und Hr. Breitingers urtheile von den meisten deutschen Poeten sind schon geschrieben und gedrukt, man darf sie nur zusammen suchen. Ich glaube, daß man nur aus unsern schriften ein ziemlich reiches dictionair des beaux arts sammeln könnte. Ich will ihnen mit den schwäbischen Minnesingern schon dienen. Über die worte Wolklang, Reim, Hexameter, müssen sie Klopstoks Abhandlung erwarten.
Die Deutschen werden die bevorstehende Messe nicht viel von uns bekommen. Der Autor des Daphnis hat Idyllen geschrieben, die ziemlich nach dem Theocritus schmecken. Ein andrer junger Mensch hat den Arminius-Schoenaich geschrieben, der in Frankfurt suppresso nomine auctoris herauskommen soll. Das stük ist halb episch halb comisch. Schoenaich wird mit der denkart, dem charakter und den Sentimens seines Hermanns zu Arminius und den andern wilden führern der Germanen gestellt sie zu bereden, daß sie ihn zum feldhauptman in dem Kriege mit Marbod erwählen sollten. Derselbe junge mensch von meinen freunden hat noch ein paar Gedichte fertig, das banket der dunse und die larve, welche beyde er Vohsen zur publication senden will. Es sind ganz comische dinge, vornehmlich die Larve; die ein falscher Bodmer ist, den die dummheit aus Nebel erschaffen hat, und aus ihm redet. Doch dieses sub rosa.
Es wäre mir lieb, wenn sie die prosaischen stücke gegen den Hermann des Schönaich, die ich ihnen vorm jahr für Vohs gesandt habe, und Vohsens Sezer nicht haben entzifern können wider zurükgenommen hätten, und sie mir dann mit guter gelegenheit wider schiketen.
Eine Zeit daher haben wir in hiesigen Freymüthigen Nachrichten verschiedene nachdrückliche und Critische Artikel bekommen, welche verdienen vor ihre augen zu kommen.
Wären par hazard die prosaischen Critiken der Hermannias von Vohsen gedrukt worden, so bitte mir gelegentlich ein Exemplar davon zu schiken, weil sonst dergleichen kleine stüke nicht in die Schweiz geführt werden.
Ich empfehle Ihnen, mein Werthester, nochmals die subscription. Darum allein habe ich die Feder ergriffen. Es hat doch so grosse Eile nicht, ich bin es zufrieden, wenn ich mit der Rückkunft der Meßleute Antwort von ihnen bekomme. Die Kosten, die sie mit Briefport – haben, belieben sie ohne bedenken zu verrechnen.
Was für einer ist der auditeur Ewald, ich habe seine gedanken und seine sinngedichte gelesen. Die Gedanken versprachen mir etwas. In den sinngedichten sind ein paar sehr läppische gegen die Schweizer.
Hat Ramler sein Schachspiel nicht fortgesezt? Es ist kein Schade.
Wenn sie den Verfasser der Nicolaischen Briefe mit gewißheit entdeken, so verrathen sie ihn auch uns. Er redet doch sehr als einer der Ansehn hat.
Man hat hier gesagt Hr. Nolten habe ein Zeitungsblatt von gelehrten sachen versprochen, woran auch Sie Antheil nehmen.
Adieu. Leben Sie freudig mit Ihren Geliebten.
Ihr Ergebenst.
Bodmer
d. 17 März 1756
H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 12a.