Brief vom 31. Oktober 1758, von Sulzer, J. G. an Bodmer, J. J.

Mein werthester Freünd.

Unser Hr. Künzli wird Ihnen ohne Zweifel meinen lezten Brief an ihn zugeschikt haben. Darin berichtete ich die wahre Beschaffenheit der am 14 dieses vorgefallenen Action in Sachsen, XXX die Feinde ein so großes Geschrey machen, und die sie ⟨als⟩ eine Niederlage des Königs angeben. Weil ich jezo eben an dero Hrn Schwager schreibe, so lege ich noch dieses Blättgen bey um Ihnen noch einmal zu sagen, daß bemeldte Action in dem Zustand der Sachen gar nichts geändert habe.

Die Feinde überfielen bey Nacht unsern rechten Flügel und kamen in das Lager, da die wenigsten Soldaten angekleidet waren. Der Angriff geschah mit 67 Grenadier Companien, ihren auserlesensten Trupen. Sie nahmen unsern Leüten die Gewehre, so wie sie vor den Zelten zusamen gestanden, weg, verbrannten die Zelter und einen Theil der Bagage, und brachten diesen rechten Flügel in Unordnung. Wenige Cavallerie Regimenter und Bataillone, welche Zeit gehabt sich fertig zu machen, fielen mit solcher Wuth auf die Feinde, daß von den 67 Compag. wenig gesund oder lebendig davon gekommen. Der König zog seine ganze Armee etwa eine halbe Meile zurüke, um sie in Ordnung zu stellen. Darauf zogen auch die Feinde sich wieder mit der Beüte in ihr Lager. Unser Verlust an Menschen ist nicht groß.

Der König suchte hernach sie anzugreiffen, weil ihnen aber gar nicht anzukommen war, so that Er einen starken Marsch zur Seite und sezte sich bey Görzliz um die Feinde von Schlesien abzuschnei⟨den⟩ und in eine andre Stellung zu loken. Es ⟨ist⟩ nun zu erwarten, ob sie da können angegriffen werden, oder ob Hunger und Kälte sie wieder nach Bohmen treiben werden. Eines oder das andre muß nächstens geschehen. Ein mehrers erlaubt mir die Zeit jezo bey dem nahen Abgang der Post nicht.

Adieu

den 31 Oct.