Brief vom 19. Mai 1759, von Sulzer, J. G. an Bodmer, J. J.

Ort: Berlin
Datum: 19. Mai 1759

Mein werthester Herr und Freünd.

Diesmal habe ich die Sachen, welche sie mir durch die Meßgelegenheit geschikt haben frühe genug bekommen, um durch dieselbe Gelegenheit Ihnen zu antworten. Ich danke Ihnen auf das beste für die Gefälligkeit mir die Lady Johanna im Mst. zu schiken, und nach ihrem Willen folget sie wieder hiebey zurüke. Ich habe dieses Stük mit großem Vergnügen gelesen, und begreiffe nicht, wie es möglich ist so davon zu urtheilen, als nach ihrem Bericht jemand davon geurtheilet hat. Ich wollte die zwey Scenen von Gardiners verkleideter Erscheinung, und von dem Philosophischen oder änigmatischen Geschenk Elmers lieber gemacht haben, als eine andre Johanna Gray. Alle Reden sind der Personen würdig, und jeder Spricht, wie er sprechen soll. Es ist ein sehr glüklicher Einfall, daß der erste Actus außer London in dem Hause der Prinzeßin Maria geschieht, und dieser ganze Actus ist meines Erachtens vollkommen schön. Die Begierde, die ich in mir verspühre, dieses Stük zu einem vollkomenen Trauerspiel ausgearbeitet zu sehen, verleitet mich Ihnen meine Gedanken von einigen änderungen und zusäzen der Länge nach mitzutheilen, Sie mögen überlegen ob ich Recht habe oder nicht.

In dem ersten Actu würde ich etwas mehr Handlung anbringen. Der Prinzeßin Maria würde ich zu ihrem Religions Eyfer einen großen Ehrgeiz und dabey einen furchtsamen Charakter geben, um das Spiel der Paßionen herbey zu bringen. Sie würde auf Arundels Rath sich nicht gleich bewegen laßen, für die Crone zu streiten. Daraus wäre für sie eine wichtige Situation und eine kleine Nebenverwikelung entstanden, ein innerlicher Streit zwischen Ehrgeiz u. Religions Eyfer auf einer und Furchtsamkeit auf der andern Seite. Gardiner würde ihm ein Ende gemacht und durch Religionsgründe ihren Entschluß festgesezt haben.

Der zweyte Actus ist zu einförmig. Die Johanna komt gar nicht von der Scene, und es verändert sich auch fast nichts. Die Sprache ist mehr Philosophisch, als affektreich und pathetisch. Ich wollte für diesen Actum folgende unmaßgebliche Vorschläge thun.

Zuerst glaubt Johanna, daß Sie den Thron rechtmäßig bestiegen habe, sie beklagt aber dabey ihre Verlohrne Ruhe und die Nothwendigkeit die Parthey der Maria zu unterdrüken. Guilford Tröstet sie durch die Vorstellung ihrer Hohen Bestimmung und der großen Dinge, die sie zum Dienst des Landes und der Religion thun würde.

Hierauf kommt Lerm wegen des Herannahenden Anhangs der Maria, der sich bewaffnet hat. Johanna erfährt durch die Sidney, daß das Testament untergeschoben und daß Northumberland sie blos zu seinen absichten brauchen will. Dieses verändert den Affekt. Johanna übersieht ihr Unglük mit einem Blik, sie expostulirt in der ersten Hize mit Guilford und mit ihrer Mutter. Sie entschließt sich darauf die Krone niederzulegen, ihre Verwandte wenden alles mögliche an sie davon abzubringen. Dieses macht die Scene lebhaft und verwikelt.

Ein Bote komt und berichtet, daß die Parthey der Maria stark anrükt und großen Anhang findet. Johanna schikt heimlich einen Boten an Maria und bietet ihr die Crone an. Mitlerweile könnte Elmers Geschenke ankommen. Der Bote komt unverrichteter Sache zurüke, weil er nicht hat durchkommen können. Er bringt die erste Nachricht daß der Anhang der Johanna geschlagen.

III. Actus. Die Scene ist noch im Königl. Pallast. Guilford und Johanna beklagen ihr Schiksal, sie bekommen eine Wache und Guilford wird vor die Königin gefodert. Und nimt von Johanna Abschied. Soliloquium der Johanna. Die Königin erscheint, Johanna demüthiget sich vor ihr und erzält ihr offenherzig den Verlauff der Sache, und von dem Boten den sie geschikt. Die Königin scheint geneigt ihr alles zuvergeben und geht ab: Die Prinzeßin Elisabeth und Johanna.

IV Actus. Maria und Gardiner. Der Bischoff sezet der Königin ernstlich zu den Actum der Begnadigung für Johanna nicht zu unterschreiben. Er will sie als ein Opfer der Religion getödet sehen. Ihr Tod wird beschloßen. Gardiner geht ab um sie ins Gefängnis bringen zu laßen. Maria sola.

Die Prinzeßin Elisabeth komt und bittet für Johanna. Erhält nichts.

Redit Gardiner und erzält, was er veranstaltet und wie es im Publico aussieht. Maria und Elisabeth gehen ab. Gardiner solus. Triumphirt über den neüen Glauben. Ein catholischer Bischoff von seinem Anhang kommt dazu.

V. Actus. Die Scene ist im Staatsgefängnis. Hier würde ich wenig ändern. Den Beschluß würde ich damit machen, daß Johanna, nachdem sie den Leichnam des Guilfords gesehen in eine Entzükung über die Betrachtung der Ewigkeit geräth und in dieser die künftige Befreyung Englands unter der glükseel. Regierung Elis. weißaget.

Dieses sind meine Unmaßgebliche Gedanken von dem Plan dieses Stüks. Ich Vermeße mich gar nicht Ihnen etwas von diesen Gedanken aufzudringen. Wenn sie ihre Johanna aus arbeiten wollen, so wird ihnen nichts wichtiges entgehen. Sie sollen nur daraus sehen, daß die Lesung ihres Manuscripts mir die Einbildungskrafft erwärmt hat.

So weit war mein Brief geschrieben, als ich ihr werthestes vom 5 May erhalten habe. Ich freüe mich ganz ungemein, daß ihnen mein kleines Geschenk angenehm gewesen. Ich habe es gegen meine Freünde in Winterthur ein Botenlohn genennt, um ihnen dadurch zu verweisen, daß Sie mir die Nachrichten aus Winterthur so späthe gegeben; in der That aber war es Ihnen zugedacht ehe es noch gemalt war. Es ist billig, daß Sie die wahren Lineamente des Mannes kennen, den Sie so hoch halten. Ich habe auch dem rechtschaffenen Philocles eines zugedacht; weiß aber noch nicht ob ich es bald bekommen werde, da der einzige Maler der diese Dinge macht jezo abwesend ist. Wundern Sie sich nicht, daß der Held jezo so ruhig in seinem Lager ist? Dieses ist ein neües Stük aus dem Reichthum seiner Kunst, wodurch die Feinde vielleicht furchtsamer werden, als sie über einen Einfall in Böhmen sein würden. Noch kann ich Ihnen nichts wesentliches Schreiben, doch sollen Sie wißen, was mir bis auf den Heütigen Tag von der Beschaffenheit der KriegsAngelegenheiten bekannt ist.

In Schlesien haben wir zwey Heere. Eines hat der König bey sich in der Gegend Landshut. Dieses ist so gestellt, daß Daun, der mit seinem Heer vor ihm steht sich nicht wol vorwerts wagen kann. Aus diesem Heer hat der König ein kleineres ausgezeichnet, daß alle Augenblik bereit ist Ihm zu folgen, wohin er sich zu wenden nöthig finden wird, da mittlerweile der größte Theil da stehen bleibt. Dieses ganze Heer ist verschanzt, damit ein Theil davon ohne Gefahr einer zu großen Schwächung abgehen könne. Bey diesem Posten ist noch gar nichts erhebliches vorgefallen.

Die zweyte Armee steht unter der Anführung des Generals Fouqué an den Gränzen von Oberschlesien und hat die Devillische Armee vor sich. Diese beyde waren lezthin so nahe, daß der König mit seinem auserlesenen Trup von Landshut dahin zog um den Deville anzugreiffen. Allein dieser zog sich sogleich in die Gebürge, wo ihm nicht anzukommen ist. So stehen die Sachen in Schlesien. Die Rußen bewegen sich in kleinen Partheyen hin und her. Sie schiken ihre Husaren und Cosaken überall bald da bald dort an die Gränzen von Pommern, der Neümark und Schlesien um zu erfahren, ob Preüßische Trupen irgendwo stehen. Man kann noch nicht errathen, was sie thun wollen. Verschiedenen Nachrichten zufolge gehen sie gar rükwerts. Sollte ein Corps sich den Schlesischen Gränzen nähern, so wird der König sich bald von Landshut aufmachen, um ihnen ihr Theil zu geben. Sollten sie nach Pommern, gegen Colberg anrüken, so wird die Armee des Grafen von Dohna, die iezt sich fertig macht aus Schwedisch Pommern über die Oder zu rüken, ihnen das Eindringen verwehren. Vorjezo stehen nur hier und da rings um die Gränzen von Pohlen wenige von unsern Leichten Trupen, die Streiffereyen so viel möglich ist abzuhalten. Die Schweden sizen ruhig in Strahlsund und sind soweit herunter, daß sie nichts erhebliches mehr thun können. Man wird 3 bis 4 tausend Mann gegen sie stehen laßen, die sie hinlänglich im Zaun halten werden.

Der Prinz Heinrich scheinet diesmal die HauptPerson auf der Bühne zu seyn. Nachdem er durch einen ungemein glüklichen und richtigen Einfall in Böhmen dem Feind alle jenseit der Elbe gelegene Lebensmittel abgenommen und ihre dortigen Trupen theils zerstreüt, theils gefangen, und ihn dadurch gehindert von dort aus nach Sachsen einzubrechen, ist er mit seiner ganzen Armee, die wenigstens 40 tausend Man stark ist, in drey Colonnen nach Franken hin aufgebrochen. Eine Colonne rükt gegen der Seite von Eger, eine andere über Coburg gegen Bamberg und die mittlere nach Hof. Hinter Hof bey Mönchenberg stehet die ReichsArmee mit oestereichern versterkt. Wir wißen weiter noch nichts, als daß alle unser Colonnen ihren Marsch bis in das Vogtland fortgesezt auch schon viele Gefangene gemacht haben, und erwarten Täglich wichtige Zeitungen daher. Mit unsrer Colonne, die nach dem Bambergischen geht, soll sich ein Corps von der Alirten Armee unter Anführung des General Urff vereiniget haben. Es scheinet, daß diese Armee das meiste Thun soll.

Die Allirte Cantoniren noch in Heßen und Westphalen. Ihre mißlungene Unternehmung gegen die Franzosen hat weiter keine üble folgen für sie gehabt, als den großen Verdruß über die nicht erhaltene ganz entscheidende Vortheile. Es ist indeßen doch wahrscheinlich, daß ein Theil der französischen Macht am Ober oder NiederRhein wird gezwungen werden über diesen Flus zurüke zu gehen. Die Sachen stehen überhaupt so, daß wir von diesem Feldzug uns viel gutes Versprechen.

Nun komme ich vom Krieg wieder auf die Musen. Ihr Brief enthält ungemein viel wichtige Zeitungen für mich. Warum bin ich Ihnen nicht so nahe, ihre neüen Arbeiten zu genießen. Dank habe aber ihr guter Dämon, der sie so stark für die Tragische Scene erwärmt. Sie sind doch wol so gütig mir mit Gelegenheit den Genuß ihrer Arbeiten zu verschaffen, oder ich werde viel mehr ihren Dämon zu bestechen suchen, daß er ihre Arbeiten zu allgemeinem Gebrauch ans Licht bringe. Was für schöne Scenen bringen mir die Namen Ulyßes, Œdipus, Brun u. Stüßi, in die EinbildungsKrafft? Lauter Griechen und Schweizer, von einem Dichter behandelt der so gut ein Grieche als ein Schweizer ist. Was für eine große Situation für den Ulyßes seinen Sohn geopfert und seine Tochter geheyrathet zu haben! Ich bin keiner von denen, die das Trauerspiel in dieser Horriblen Situation geendigt sehen möchten. Sie können aus meinem Vorschlag ihre Maria von Engl. zuendigen sehen, daß ich gerne mit vergnügten Empfindungen von der Tragischen Scene weggehe. Aber der Engel in einer Heidnischen Welt ist nur etwas hart. Die Heiden kennen sie nicht. Ich wollte Lieber ein Wunderwerk haben, einen Heidnischen Priester, der wie Bileam von dem wahren Geist der Weißagung ergriffen wird. Ein solcher, der sich selbst einen Heiden glaubt und von dem wahren Gott ergriffen Dinge sagt die er selbst nicht versteht, müßte meines Erachtens große Würkung auf der Schaubühne thun. Die scientia arcana ist in der Historischen Wahrheit gegründet, und es ist ihnen wol erlaubt sie älter zu machen, als sie unter den Griechen nach der Historie ist.

Den Cyrus erwarte ich mit großer Ungeduld. Ich zweifle nicht, daß nicht vieles darin anders und beßer seyn könnte. Denn kein Gedicht hat eine absolute und determinirte Vollkommenheit, wie eine mathematische Demonstration. Es wird aber viel schönes darin seyn. Ihre Aufmunterung an den Verfaßer vermiße ich unter den Dingen, die Sie mir zugeschikt haben. Ich wünsche von Herzen, daß Wiel. in Bern glüklich seyn möge, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Kopf von seiner Art es seyn könne, wenn er von Leüthen von einer gewißen Art abhängt. Sagen Sie ihm noch beym Abschied, daß er seinen Freünden in Bern überlaßen soll, ihn an Leßing zu rächen. Denn ich fürchte, daß er ein gewißes Maaß überschreiten möchte, wenn er es selbst thut.

Leßing ist sehr gegen die Verfaßer der Freymüthigen Nachrichten aufgebracht. Auch Kleists Frühling sagt er, kann man nicht unverachtet laßen. Er hat neülich in den Briefen über die Litteratur eine Baslerische Übersezung in Hexametern angezeiget. Er sagt, man hätte das meiste schon übersezt gehabt „zwahr nur in Prosa. Aber sind Schweizerische Hexameter was anders als Prosa?” Was sie die Sekte der Nicolaiten nennen ist in der That keine andre Parthey als Leßing, Ramler, Gleim, Kleist p. Denn Nicolai ist nur zufällig dabey. Kleist läßt sich regieren; denn er ist der redlichste Mann von der Welt, der für sich niemanden beleidigen wird. Aber wer Leßing und Gleim beleidiget, der hat sich unversöhnliche Feinde gemacht. Diese Feindschaften sind mir unerträglich, und ich wollte, daß sie ganz ausgelöscht wären.

Es hat jemand den Einfall gehabt einige Stüke aus dem Meßias in vollständige Musik zu bringen. Vor wenigen Tagen habe ich sie gehört, und bin ganz entzüket worden. Diese beyde Künste von großen Meistern zusamen vereinigt reißen das Herz hin, wie der Wind eine Schnee Floke.

Klopstok ist in Halberstatt und wird nächstens hier erwartet. Vielleicht komt Gleim mit ihm. Wollte der Himmel, daß Sie alsdenn auch hier wären, so sollte gewiß alle Uneinigkeit auf immer vergraben werden.

Ihre Verse über die Sachsen sind in der einzigen Art, wie man diesen Leüthen die Wahrheit sagen muß. Denn so viel vernunft haben wenigstens die Leipziger nicht, daß man ernsthaft mit ihnen reden könnte. Die übrige Einwohner fangen an viele Vorurtheile abzulegen. Der Landman scheint der klügste zu seyn.

Wäre es nicht möglich eine Abschrifft des Briefs zu bekommen den Haller an Volt. geschrieben hat. Sie würden mir einen großen Gefallen mit thun.

Für die Nachrichten von der Glasmalerey bin ich sehr verbunden. Aber ich wünschte noch von einem Kenner ein Urtheil über die Zeichnung und den Geschmak der ältesten, oder wenn es seyn könnte gar eine Probe der Zeichnung. Ich finde an den Bänden der alten Bibeln, welche auf der hiesigen Königl. Bibliothek sind, daß zu Caroli M. Zeiten und kurz hernach die Zeichnende Künste noch in beßern Stand gewesen, als in dem 14 und 15 Jahrhundert.

Leßing hat die Pindarischen Oden des Hrn. Steinbrüchels in den Briefen über die neüste Literatur abdruken laßen. Dieser Übersezer wird Deütschland sehr wichtig werden. Diejenige, welche diese Väter des guten Geschmaks nicht lesen können, werden sie im Deütschen noch groß genug finden. Es fehlt dem ungelehrten aber doch Geschmak liebenden Deütschland überhaupt an guten Übersezungen der Alten, so wol Griechen, als Römer, besonders der Prosa Scribenten. Überhaupt fehlt es Deütschland an der großen prosaischen Schreibart der Alten.

Könnten Sie diesen geschikten Mann nicht bewegen etwas für mein Wörterbuch zu thun. Er könnte vielleicht gute Charaktern der Griechischen Dichter Liefern. Denn anstatt ihrer Lebensbeschreibungen möchte ich blos ihr Verdienst um den Geschmak und eines jeden Eigenthümlichen Charakter beschreiben.

Hr. Sak empfiehlt sich Ihnen und beklagt den Verlust des rechtschaffenen Zimmermans doppelt, nachdem er gewiße Dissertationes gelesen hat. Die Papiere welche zurük verlangt werden, liegen schon in Leipzig.

Meine Frau danket ergebenst für die Maria von Engl. Sie hat sich würklich in die Johanna verliebt. Hr. Geßner hat mir Jacob und Rahel geschikt, der mir aber in dieser deutschen Prosaischen Gestallt weniger gefällt. Das alte Kleid steht diesen Alten Leüthen meines Erachtens am besten. Das kleine Gedichte der Miß Jones ist artig, aber hinter dem ihrigen steht es gar nicht am rechten Orte.

Noch zur Zeit habe ich nichts rechtes von der Meße kommen sehen. Ramler und Leßing haben den Dichter Logau, Opizens Zeitverwandten wieder neü auflegen laßen, er ist aber noch nicht hier.

Wir haben gestern mit einem male verschiedene Nachrichten von dem Zug unsers Prinzen Heinrichs erhalten. Er spielt nur mit der ReichsArmee und wird sie vielleicht aufreiben. Bald werden diese Armeen Ihnen näher seyn als uns, und Sie werden eben so geschwind die Nachrichten von ihnen haben, als wir.

In Schlesien, Pommern p. ist noch gar nichts vorgefallen. Die oestereicher halten sich in ihren Löchern und es scheinet daß mitten in dem Reiche die merkwürdigsten Sachen vorgehen werden.

Leben Sie wol mein theürer Freünd. Ich bin von ganzem Herzen der Ihrige.

den 19 May.

Überlieferung

H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 5a. – A: ZB, Ms Bodmer 13a. – E: Körte 1804, S. 257–271.

Datierung

Von weiterer Schreiberhand (vermutlich Körte) fälschlicherweise auf »19. Mai 1746« datiert.

Einschluss und mit gleicher Sendung

Manuskript von Bodmers Johanna Gray.

Vermerke und Zusätze

Vermerk Bodmers am linken Rand der vierten Seite: »C. Gessner en taille. Lambert«. – Vermerk Bodmers am unteren Rand der letzten Seite: »The event of this popish league ought indeed strike us with awe tho' not with Despondency. Frederic of Bohemia was swallowed up by the confederancy: but though no human Eye can pierce the impenetrable veil of fate yet we have reason to hope from what is past that the great prince now combined against is not designed by providence as a sacrifice to bigot power: let us rather behold him as the appointed guardian angel if truth and liberty, who with the swiftness of light and the terror of whirlwind chears the friends of freedom and overhelms her Enemies. Estimate of the manners«. (Zitat aus John Brown, Estimate of the Manners, 1758, Bd. 2, S. 152).

Eigenhändige Korrekturen

Ruhe und die Nothwendigkeit die Parthey der Maria zu unterdrüken.
Ruhe ↑und die Nothwendigkeit die Parthey der Maria zu unterdrüken.
Mitlerweile
Der Bote komt zurüke. Mitlerweile
gefodert. Und nimt von Johanna Abschied.
gefodert. ↑Und nimt von Johanna Abschied.
geht ab um sie ins
geht ab um ein engsie ins
Schreiben, doch sollen
Schreiben, aber doch sollen

Stellenkommentar

meine Gedanken
Sulzers Ausführungen sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass er sich in dieser Zeit intensiv mit Themen der Dramatik und Schauspielkunst auseinandersetzte. Neben den Beiträgen für die AT (z. B. die Artikel »Schauspielkunst«, »Ausdruck«) hielt er einige Zeit nach diesem Brief 1760 in der Akademie einen Vortrag zum Thema Réflexions philosophiques sur l'utilité de la poésie dramatique, der 1767 auf Französisch publiziert wurde und 1773 in der deutschen Übersetzung Philosophische Betrachtungen über die Nutzlichkeit der dramatischen Dichtkunst erschien. Vgl. SGS, Bd. 7, S. 165–191.
Baslerische Übersezung
Im 39. Brief der Briefe, die neueste Litteratur betreffend (10. Mai 1759, in: Bd. 2, hier S. 288).
einige Stüke aus dem Meßias
Georg Philipp Telemanns Vertonung einzelner Gesänge aus dem Messias.
Vor wenigen Tagen habe ich sie gehört
Nach der Hamburger Uraufführung von Telemanns Vertonung fand am 9. Mai 1759 auch in Berlin im Haus von Christian Gottfried Krause eine Aufführung statt, bei der neben Sulzer auch Ramler und Lessing anwesend waren. Vgl. dazu auch Ramler an Gleim am 12. Mai 1759: »Am 9ten hujus habe ich bey unserm Krausen in Gesellschaft unsers Lessings, Herrn Hoffprediger Sacks, Probst Süßmilchs, Prediger Dieterichs, Geh.-Rath Bucholzens, unsers Sulzers pp. eine schöne Composition einiger Stücke des Messias von Telemannen angehört. Es war der Anfang des Gedichts, und der Gesang der Mirjam und Debora aus dem letzten Buche. Der Componist gefiel mir gut, aber der Poet siebenmal besser.« (Schüddekopf (Hrsg.) Briefwechsel zwischen Gleim und Ramler 1906, Bd. 2, S. 387).
Haller an Volt. geschrieben
Voltaire, der seit 1758 in Ferney lebte, hatte versucht, mit Haller, der wiederum seit 1758 Direktor der Salzwerke in Roche war, in Kontakt zu treten, war aber von Haller, der ihm seine religionsfeindliche Haltung vorwarf, abgewiesen worden. Vgl. dazu Dübi (Hrsg.) Briefwechsel zwischen Voltaire und Haller im Jahr 1759 1910. – Sulzer an Künzli, 5. Juni 1759: »Wir haben hier den Brief bekommen den Vol[t]aire neülich an Hallern geschrieben, nebst der Antwort des leztern, die jedem ausnehmend gefallen hat. Dies war der einzige wahre Weg, dem alten Sünder die Wahrheit zu sagen.« (SWB, Ms BRH 512/73).
Jacob und Rahel
Bodmers Jacob und Rahel erschien 1759 in einer neuen Ausgabe, die sich an Geßners Tod Abels orientierte und nicht in Versen, sondern in Prosa gedruckt war. Im Anhang der Schrift wurde Wielands Übersetzung von Mary Jones' Jacob and Rahel gedruckt. Vgl. Martin Das deutsche Versepos 1993, S. 331.
Dichter Logau
G. E. Lessing, K. W. Ramler (Hg.), Friedrich von Logau Sinngedichte. Zwölf Bücher. Mit Anmerkungen über die Sprache des Dichters herausgegeben, 1759.

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann
Kommentar: Jana Kittelmann