Brief vom 9. Januar 1751, von Sulzer, J. G. an Bodmer, J. J.

Ort: Berlin
Datum: 9. Januar 1751

Werthester Freünd.

Ich schike Ihnen hier auf Einrathen des Hrn. Hofpred. Saks, der sich Ihnen empfiehlet, die Abschrifft eines Briefes, den er an Klopstoken mit der heütigen Post abschiken wird. Hr. S. wußte noch nichts von ihrer Entzweyung, weil ich nicht gerne davon sprechen wollte, bis ihm Klopstock selbst davon Nachricht gegeben. Diese Nachricht aber bestund blos in allgemeinen Ausdrüken, darauf hat ihm Hr. S. beyliegende Antwort zurük geschrieben, noch ehe ich ihm die Sache weitläuftiger erzält habe. Wie sehr wäre doch zu wünschen, daß diese verdrießliche Uneinigkeit sich endigte, ehe Klopstok wieder von ihnen geht! Aber ich mag Ihnen hierüber nichts sagen; Sie selbst sehen die Wichtigkeit dieser Versöhnung so gut ein, als ich, und es fehlt Ihnen nicht an einem Herzen, daß zur Versöhnung geneigt ist. Ich habe nicht erfahren, daß Klopstok etwas umständliches von dieser Sache nach Deütschland geschrieben. Es wäre also noch immer Zeit genug sich zu versöhnen. Ich vermuthe, daß Kl. selbst diese Versöhnung heimlich wünschet.

Wie steht es denn um die Abschrifft des Noah. Ich gestehe Ihnen, daß ich bald ungeduldig darüber werde, weil ich fürchte, daß ich nun wieder bis nach Ostern werde darauf warten müßen. Stillen Sie doch mein Verlangen, so bald als es Ihnen möglich seyn wird.

Ich habe Ihnen schon geschrieben, daß Arnaud seinen Abschied hat, Voltairen dörffte es auch so gehen. Die ersten Lieblinge des Königs sind seine Feinde, und seine aufführung ist in einem solchen Grad unanständig, daß es leicht ist ihn verächtlich zu machen. Der Geiz verleitet ihn zu den allerlächerlichsten Thorheiten. Er hat einen Process mit einem Juden, den er, wie dieser vorgiebt hat betriegen wollen. Man meint, daß dieser Proceß seine Blöße ganz aufdeken wird.

Unsre Crit. Nachr. haben aufgehört. Nun sezt Mylius sie fort.

Ich bin seit 5 Tagen mit meiner Liebsten in Berlin, und habe die Unruhen, die eine solche Verändrung nach sich ziehet noch nicht völlig überstanden, und dies ist die Ursache, warum ich nicht weitläuftiger seyn kann. Ich bitte mich Hrn. Can. Breit. Hrn. Heß und andern Fr. zu empfehlen und verharre mit zärtlichster Freündschafft und Hochachtung

Meines werthesten Fr.
ergebenster Dr.
Sulzer

Berlin den 9 Jan. 1751.

Überlieferung

H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 5a. – A: ZB, Ms Bodmer 13a. – E: Anonym Über Friedrich den Großen I 1807, S. 351 (Auszug).

Anschrift

Monsieur Le Professeur Bodmer à Zurich

Einschluss und mit gleicher Sendung

Abschrift eines Briefes von A. F. W. Sack an Klopstock.

Stellenkommentar

Abschrifft eines Briefes
Siehe den Originalbrief von Sack an Klopstock vom 5. Januar 1751 (Klopstock Briefe 1985, Bd. 2, S. 1 f.).
selbst davon Nachricht gegeben
Nicht ermittelt.
Process mit einem Juden
Die sogenannte Affäre Hirschel, die in ganz Europa für Aufsehen sorgte. Voltaire hatte sich des jüdischen Juweliers und Bankiers Abraham Hirschel als Mittelsmann bedient, um illegal sächsische Staatsanleihen aufzukaufen. Voltaire zweifelte allerdings bald an der Zuverlässigkeit Hirschels und verlangte das vorgestreckte Geld zurück. Auch Friedrich II. erfuhr von der Angelegenheit. Doch Hirschel weigerte sich einzulenken. Im Januar 1751 kam es schließlich zu einem Prozess, den Voltaire zwar gewann, der ihn aber viel Geld kostete und ihm zudem die Missgunst Friedrichs II. und die Schadenfreude seiner Gegner einbrachte.

Bearbeitung

Transkription: Jana Kittelmann und Baptiste Baumann
Kommentar: Jana Kittelmann