Den ganzen sommer über war ein Factor von unserer siebenhäuptigen Buchhandlung in Leipzig und einer der patronen auf der Michelismesse, der mit Reich in engen Verbindungen stehet. Wie überflüssig ist ihre bemühung meinen beyfall zu haben; eines Menschen der bekümmert ist den Ihrigen zu erhalten! Ich muß Sie bewundern daß sie nicht viel Abschrekendes bey den Journalisten finden; wiewol ich ihre starke seele kenne, so weiß ich doch daß universal Reproach far worse to bear than violence. Da sie so viel Sorge für die Noachide haben, so dürft ich Sie leicht zu ihrem Executor nach meinem tode machen. Wie wol ich die Hoffnung verlohren habe, gelesen zu werden, so hab ich darum nicht aufgehört zu schreiben. Bey mir liegen VIII. Gesänge der Odyssee, I. Gesang der Aeneide; das ⟨Grab⟩ des Messias; die Auferstehung Jesu; Sendschreiben an Wieland; Sendschreiben an Ramler; die Gracchen; die Cherusken. Erschreken sie aber nicht, dies alles ist im pult begraben. Und ich bin zufrieden, daß es mit mir sterbe. Es ist mir genug der Wollust ihrer Erzeugung. Ist es wahr daß Klopstok seit Bernsdorf Fall auf dem Troknen sizet? Und wahr daß Wieland zum Kanzler der Universitet Giessen berufen ist? Klopstok ist für den Aether gebohren; Wieland für die söhne des staubes und die Töchter der Wollust. Seine Grazien machen die tugend steif und ekigt, und das laster liebenswürdig. Cato ohne Grazien hat Rom zu Grund gerichtet; Cesar durch Grazien erobert. Hat man bey Ihnen die Grazien des Kleinen nicht gesehen?
In diesen Wintertagen, haben mir die Recherches sur l’amerique Kurzweil gemacht, ihre Widerlegung Vergnügen.
Les interets et les devoirs d’un republicain par un Citoien de Ragouse sind von einem Genfer. Der Mann ist so milde daß er beynahe von den grossen Rechten der Nation dahin giebt. Voltaire hat Epitre à l’Empereur de la Chine geschrieben. Er giebt La Baumelle wegen der neuen Henriade etliche wizige Stiche. Junker heißt der Sprachmeister in Paris, der die Noachide übersezen wollte, wenn er einen Verleger fände. Weil die Messiade die Hoffnungen betrogen so traut man nicht. [→]Le plan d’une Education publique par Cojer hat meinen ganzen beyfall. Lavater bekehrt izt Juden, die nicht schwer sind zu bekehren, da sie schon durch sich selbst in den propheten entdekt haben, daß der Messias Gott seye, und sterben würde. Er reitet noch immer auf seinem stekenpferde.
Unsere Bürger und Bauern glaubten gern daß die Oberkeit verbunden sey ihnen Brod zu machen. Wir empfinden die Nothwendigkeit, daß der stifter eines staates für die subsistenz der Nation sorgen sollte, bevor er für ihre Constitution sorget. – Aber unser staat ist durch einen glüklichen Wurf entstanden.
Von der Wiedereinsezung des guten prof. Müllers hör ich weniger als Sie; ohne eine Requête von ihm selbst wird sie nimmer zum stande kommen; und izt ists noch zu frühe daran zu arbeiten. Grüssen sie diesen braven Mann, und meinen liebsten Wegelin. Lassen sie Orell zu Ramlern führen. Ich umarme sie.
Ihr Bodmer.
anno 1770. deficiente.
[→]La Baumelle jouit de la protection la plus puissante à Paris.
Sagen sie Hn Orell, ich wollte, daß er sich mit Nicolai und Ramler bekannt machete. Er sollte mir künftig von ihrer sinnes und gemüthsart erzählen können. Ich habe ihm schon geschrieben daß er Hn. Pastor Langen in Laublingen besuchen sollte. Und warum sollte er nicht die Reise nach Braunschweig machen, Ebert, Jerusalem, Gärtner, Zachariä zu sehen? Sagen sie ihm dises für mich.
H: ZB, Sign.: Nachlass Ms Bodmer 12b. – A: ZB, Ms Bodmer 20.9–11, 13b.
Pour Mr. le profess. Soulzer Recomendé à Mr. Orell de Zuric prst à Berlin.
Vermerk Sulzers auf der Umschlagseite: » Dec. 70«. – Siegelreste.